Ratingagentur Standard & Poors senkt den Ausblick auf negativ. | Börsen reagieren mit Talfahrt. | Washington. Die USA ernten die Konsequenzen aus ihrem Politstreit über das ausufernde Budget und den Schuldenberg: Die Ratingagentur Standard & Poors (S&P) senkte am Montag den Ausblick für die langfristigen US-Schuldpapiere von stabil auf negativ.
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Damit stellen die Analysten den USA klar die Rute ins Fenster: Wenn sich die Parteien nicht rasch auf einen glaubwürdigen Sanierungskurs einigen, werden die Vereinigten Staaten erstmals in der Geschichte die Bestnote der Kreditwürdigkeit, das Triple-A, verlieren. Das würde die Kreditkosten erhöhen, weil Gläubiger bei schlechteren Ratings einen Risikoaufschlag verlangen.
"Ein negativer Ausblick bedeutet, dass wir eine Chance von eins zu drei sehen, dass in den nächsten zwei Jahren eine Abstufung erfolgt", erklärte S&P-Chefanalyst David Beers dem TV-Sender CNBC. Grund für diese Skepsis sei die "breite Kluft zwischen den Republikanern im Kongress und den Demokraten sowie der Regierung. "Es sei momentan schwierig abzusehen, wie die Parteien den Weg zu einer "nachhaltigen und glaubwürdigen Reduktion des Budgetdefizits finden."
Die USA sind spät dran
S&P begründete den Zeitpunkt damit, dass andere Staaten längst auf Sparkurs eingeschwenkt seien - die USA hinkten dabei deutlich hinterher. Diese Säumigkeit hatte auch der Internationale Währungsfonds in der Vorwoche in seinem Bericht über die Staatsfinanzen gerügt: "Die meisten Industrienationen haben heuer ihre Defizite verringert. Die USA haben die Anpassungen auf Eis gelegt", hieß es.
Dabei galt eine US-Staatspleite bisher als undenkbar: Die USA sind die größte Volkswirtschaft der Welt und nehmen Schulden in der Weltleitwährung Dollar auf. Laut S&P-Experte Beers spielt das in der Bewertung aber keine Rolle: "Die Geschichte und die Literatur zeigen deutlich: Belastungen aus Schulden wiegen schwer." Die Kreditwürdigkeit werde nur anhand der Haushalts- und Geldpolitik sowie des wirtschaftlichen Umfeldes bestimmt - nicht davon, ob ein Staat und seine Notenbank notfalls die Druckmaschinen anwerfen und den Markt mit Banknoten überfluten können.
Die Reaktion aus Washington erfolgte prompt - und scharf: "Der negative Ausblick unterschätzt die Fähigkeit der Führer Amerikas, gemeinsam die schwierigen finanzpolitischen Herausforderungen anzugehen, vor denen die Nation steht", sagte Finanzstaatssekretärin Mary Miller. Die politischen Lager stimmten darin überein, das Staatsdefizit zu senken. Die Märkte reagierten ebenfalls umgehend: Gold erreichte ein Allzeithoch und kratzte an der Marke von 1500 Dollar je Feinunze. Steil bergab ging es mit den Börsenindizes an vielen Handelsplätzen der Welt. Dollarkurs und US-Staatsanleihen legten hingegen kurzfristig sogar zu. Offenbar wird erwartet, dass die USA ihr Schuldenproblem jetzt konsequenter angehen, worunter das Wachstum leiden könnte.
Zankapfel Budgetkurs
Die regierenden Demokraten sind im Kongress auf die Republikaner angewiesen, die sich - angetrieben von der ultrakonservativen Tea-Party-Bewegung - als radikale Sparmeister profilieren wollen. Auf ein Budget für das laufende Jahr konnte man sich erst in allerletzter Sekunde einigen. Jetzt droht der nächste Konflikt: Mitte Mai sprengen die USA den gesetzlich festgelegten Schuldenplafond von 14,3 Billionen Dollar. Ohne Einigung könnten sie keine neuen Kredite mehr aufnehmen - was für unabsehbares Chaos auf den Märkten sorgen könnte.
Sparen wollen beide Parteien, aber auf ganz verschiedene Weise: US-Präsident Barack Obama will in 12 Jahren 4 Billionen Dollar einsparen - und vor allem Steuervorteile für Reiche streichen. Die Republikaner drängen auf ein Sparziel von 4,4 Billionen Dollar in 10 Jahren - statt Steuererhöhungen wollen sie Sozialleistungen radikal zurückstutzen.