Algeriens Präsident Bouteflika hat die Wahlen gewonnen - ein Ergebnis wird gar nicht erst abgewartet.
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Madrid. (ce) Um 22.40 Uhr am Donnerstagabend gab es die erste offizielle Zahl zur algerischen Präsidentschaftswahl: Die Wahlbeteiligung lag bei 51,7 Prozent. Mehr brauchte es nicht, um die Anhänger des amtierenden Präsidenten Abdelaziz Bouteflika auf die Straße zu bringen. Jubelnd feierten sie die vierte Amtszeit des seit 1999 Algerien regierenden 77-Jährigen. Dass das Wahlergebnis erst am Freitagnachmittag oder Abend von Innenminister Tayeb Bélaïz bekanntgemacht werden sollt, störte nicht. Man hatte eine Zahl, welche, war egal.
Dass Bouteflika Sieger war, das war ohnehin klar. So zogen Tausende, begleitet von hupenden Wagenkolonnen, durch Algier bis in den - in einem muslimischen Land ohnehin arbeitsfreien - Freitag hinein.
Kandidat Benflis:"Großer Wahlbetrug"
Bei der Opposition war man weniger begeistert. Bouteflikas Hauptrivale Ali Benflis war kurz nach Schluss der Wahllokale erst einmal abgeschaltet worden. Im Wortsinne. Telefon- und Datenleitungen waren unterbrochen. Das hinderte den Ex-Premier und ehemaligen Gefolgsmann des mittlerweile an den Rollstuhl gefesselten Bouteflika nicht, sich Gehör zu verschaffen. Er sprach von einem "Wahlbetrug in großem Maßstab". Benflis: "Mein Hauptgegner war der Wahlbetrug. Und ich werde mich zu wehren wissen." Man werde beim Verfassungsrat protestieren, hieß es aus der Benflis-Wahlkampfleitung. Die kritische Tageszeitung "El Watan" sprach von Wahlen "ohne Glaubwürdigkeit" und für die "Liberté" war dies "keine wirkliche Wahl".
Der Abgeordnete Boukeraucha Abdelkadar führte den Wahlbezirk Mascara als Beispiel an. Die 150.000 Einwohner zählende Provinzhauptstadt im Nordwesten Algeriens galt als durchaus Benflis-freundlich. Dennoch erhielt Bouteflika dort 93,87 Prozent und Benflis nur 2,49 Prozent - gerade einmal 8688 der abgegebenen 347.989 Stimmen. Den anderen fünf Gegenkandidaten erging es nicht besser. Boukhari Brahim vom Wahlkampfteam Benflis erklärte laut "El Watan", dass "in bestimmten Gemeinden wie Mascara, Maoussa, Mohammadia und Sig die Urnen schon gefüllt mit Wahlzetteln zugunsten von Bouteflika aufgestellt worden seien. Ähnliches wurde aus anderen Wilayas (Bezirken) gemeldet.
Solche Bedenken hinderten den Ex-Premier und ehemaligen algerischen Außenminister Abdelaziz Belkhadem nicht, noch in der Wahlnacht einer internationalen Nachrichtenagentur zu sagen: "Unser Kandidat ist der Sieger." Es gebe keinen Zweifel, dass Bouteflika wieder einmal einen Erdrutschsieg errungen habe.
Bei seiner ersten Wahl 1999, bei der er massiv vom Militär unterstützt wurde, hatte Bouteflika 74 Prozent der Stimmen bekommen. Fünf Jahre später 2004 waren es 86 Prozent und 2009 volle 90 Prozent.
Wahlbeteiligung als Maßstab für Glaubwürdigkeit
Vielen Algeriern gilt Bouteflika tatsächlich als Garant der Stabilität, seit er das Land ab 1999 nach dem blutigen Bürgerkrieg befriedet hatte. Man rechnet ihm auch hoch an, dass Algerien die Wirren des Arabischen Frühlings nur am Rande zu spüren bekam. Die Wahlbeteiligung war mit nur 51,7 Prozent gegenüber der Wahl vor fünf Jahren dennoch deutlich gesunken. 2009 wurden noch 74 Prozent gemeldet. In Ermangelung chancenreicher Gegenkandidaten gilt die Beteiligung vielen Algeriern als Maßstab für die tatsächliche Glaubwürdigkeit der Regierung.
Die geringste Wahlbeteiligung gab es in der Kabylei im östlichen Algerien. In dem verarmten, hauptsächlich von Berbern bewohnten Bezirk zwischen Bergen und Mittelmeer gaben nur 25 Prozent ihre Stimme ab. Anders als in Tamanrasset ganz im Süden der Republik in der Sahara. Dort wählten 69,9 Prozent der Stimmberechtigten. Enttäuschend niedrig war die Beteiligung in Algier. Nur 37 Prozent gingen hier zur Wahl.