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Die deutsche Rockröhre Nena und die österreichische Klassik-Mezzosopranistin Elisabeth Kulman haben etwas gemeinsam: Sie kommen mit Corona-Sicherheitsbestimmungen nicht zurecht. Sagte Nena ihre Tour 2022 ab, weil es kein Publikumsmassenkuscheln geben kann, so schmiss Elisabeth Kulman dem Musikverein ihr Abschiedskonzert hin.
Nena argumentierte, bei ihren Konzerten seien alle Menschen willkommen - und wenn es nicht sein darf, dann tritt sie eben nicht auf. Elisabeth Kulman ließ Ähnliches verlauten: "Die zumindest im Oktober in Wien geltende 2G-Regel lädt einen Teil des Publikums aus. Musik ist für mich aber verbindend, allumfassend, nicht trennend", sagte sie in einem Interview mit der "Presse".
Ein zweischneidiges Schwert - bei Nena wie bei der Kulman: Kunst, zumal Musik, verbindet. Sänger, Musiker - egal: Sie alle stehen, ob sie es selbst so sehen oder nicht, im Dienst einer Gemeinschaft. Der englische Komponist Benjamin Britten etwa definierte diesen durch seine Werke ausgeübten Dienst an der Gemeinschaft als seine soziale Pflicht.
Wenn allerdings eine gesundheitspolitische Maßnahme ebenfalls zur sozialen Pflicht wird, ergibt sich der Fall einer Pflichtenkollision, in der man sich nur noch für das individuell als geringer empfundene Übel entscheiden kann. Man sollte daraus niemandem einen Vorwurf konstruieren. Ebenso unzulässig ist es, Künstler wie Elisabeth Kulman vor den Karren der Impfverweigerer zu spannen. Selbst deren Kreise sollten differenzieren können.