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Zweite Runde bei Bankenhilfen erhöht Risiko für den Bund

Von Stefan Melichar und Hermann Sileitsch

Wirtschaft

Koalitionsdebatte über Nachschuss der Volksbank-Genossenschafter.


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Wien. Zu Beginn hatte man noch die Hoffnung auf ein gutes Geschäft aus Zinsen und Dividenden. Mittlerweile muss die Bundesregierung froh sein, wenn sie am Ende des Tages einen Gutteil des bei den Bankenhilfen eingesetzten Kapitals wiedersieht. Vor mehr als drei Jahre wurde das Bankenpaket des Bundes ins Leben gerufen. Der Optimismus, dass man ohne eine zweite Runde an Stützungsmaßnahmen auskommen könnte, hat sich mittlerweile zerschlagen.

Als Ende Mai 2011 der Staat bei der Kärntner Hypo im Rahmen einer Kapitalherabsetzung gut 668 Millionen Euro abschreiben musste, hätte man noch von einem Einzelfall ausgehen können. Nun gibt es bei der Österreichischen Volksbanken AG allerdings eine ähnliche Maßnahme, bei der das Hilfskapital zur Gegenrechnung von Verlusten in der Bilanz herangezogen wird. Und auch beim Abwicklungsteil der Kommunalkredit (der KA Finanz AG) dürfte der Staat noch einmal tief in die Tasche greifen müssen. Damit erhöht sich für die Bankenretter - und damit letztlich die Steuerzahler - nicht nur der Einsatz, sondern auch das Risiko.

Solange die staatliche Kapitalhilfe den Banken in Form von stimmrechtslosen, am Gewinn beteiligten Wertpapieren - sogenannten Partizipationsscheinen - erfolgte, bestand die Hoffnung, dass die betroffenen Institute nach einer gewissen Sanierungsperiode aus eigener Kraft in der Lage sein würden, diese Partizipationsscheine zurückzukaufen.

Nach der Hypo und der Kommunalkredit wird der Bund demnächst jedoch auch bei der ÖVAG Stammaktien halten. Ob er diese in absehbarer Zukunft ohne herbe Verluste an Investoren veräußern kann, steht in den Sternen. Der Markt für Bankverkäufe liegt seit Jahren am Boden. Das zeigte sich nicht zuletzt bei der ÖVAG, die zwar im Rahmen der Restrukturierung die meisten ihrer Ost-Banken und ihre Immobilientochter verkauft hat - aber eben nicht zu jenem Preis, der notwendig gewesen wäre, um das Institut von alleine wieder auf die Beine zu bringen.

Der Bund war vorgewarnt

Vor allem in Zusammenhang mit der ÖVAG stellt sich die Frage, ob hier nicht zu lange zugewartet worden ist. Bereits Ende 2009 warnten Klaus Liebscher und Adolf Wala, die Chefs der Fimbag (vulgo "Banken-ÖIAG"), in einem Brief das Finanzministerium, dass die ursprünglichen Stützungsmaßnahmen nicht ausreichen würden. Im beihilferechtlichen Verfahren bei der EU-Kommission wurde die Volksbanken AG von österreichischer Seite ursprünglich sogar als - vom Grunde auf - gesundes Institut bezeichnet. Dieser Einschätzung hatte die Kommission bereits vor der jetzigen Notmaßnahme klar widersprochen.

Insgesamt hat der Bund bis Ende Dezember 10,9 Milliarden Euro aus dem aus dem sogenannten Finanzmarktstabilitätsgesetz an Banken vergeben. Das geht aus einem Bericht des Finanzministeriums hervor, aus dem die Austria Presseagentur am Dienstag zitierte. Der Gesamtrahmen liegt bei 15 Milliarden Euro, der größte Brocken entfällt auf die Kommunalkredit-Bad-Bank KA Finanz AG.

Fragezeichen bei KA Finanz

Was auf den Bund bei der KA Finanz AG noch zukommt, hängt in erster Linie von der Entwicklung in Griechenland ab. Die Rede war zuletzt von weiteren Garantien im Milliardenausmaß und einem Gesellschafterzuschuss von bis zu 609 Millionen Euro. Entscheidend ist, ob die KA Finanz AG - wie andere Banken auch - am teilweisen Schuldenerlass für Griechenland teilnimmt und ob dieser in der geplanten Form zustande kommt.

Die Bedingungen für ein zweites Hilfspaket für das hochverschuldete Griechenland sehen vor, dass Banken Athen gut 70 Prozent seiner Verbindlichkeiten nachlassen. Idealerweise sollen sich so viele Geschäftsbanken daran beteiligen, dass mehr als 90 Prozent der Forderungen erfasst sind. Gelingt das, könnte die KA Finanz AG erklären, sich als Bank im öffentlichen Besitz nicht am Schuldenschnitt zu beteiligen.

Im schlimmsten Fall bleibt die Gesamtteilnahme jedoch unter den 90 Prozent: Dann kann Griechenland per Gesetz einen Schuldenschnitt für alle Gläubiger verordnen, womit auch die KA Finanz AG schwere Abschreibungen auf ihrer Griechenland-Anleihen vornehmen müsste. Dies würde noch dazu als Staatspleite eingestuft werden, weshalb Kreditausfallsversicherungen, die die frühere Kommunalkredit an Investoren verkauft hatte, schlagend würden. Insgesamt beträgt das Griechenland-Risiko von KA Finanz AG und Kommunalkredit etwa eine Milliarde Euro. Wie viel bei welchem Szenario abgeschrieben werden müsste, ist aufgrund komplexer Absicherungen allerdings schwer abschätzbar.

Anstoß für Konsolidierung

Als Nebeneffekt könnte die nunmehrige Teilverstaatlichung der ÖVAG übrigens Bewegung in die lange diskutierte Strukturbereinigung des österreichischen Bankensektors bringen. Österreich gilt als "overbanked" - zu viele Kreditinstitute mit zu vielen Filialen buhlen um zu wenige Kunden. Dadurch, dass die regionalen Volksbanken als Eigentümer nun der ÖVAG kräftig unter die Arme greifen müssen, steigt der Druck vor allem auf die kleineren Regionalbanken. Dazu kommt, dass diese in den kommenden Jahren kaum mit Dividenden der ÖVAG rechnen können: Der Bund erhält nämlich Vorrechte, was die Verteilung allfälliger Gewinne anbelangt.

Unklarheit herrschte am Dienstag darüber, ob die rund 600.000 Volksbank-Genossenschafter - in der Regel Kunden der regionalen Volksbanken - einen finanziellen Beitrag leisten müssen. Finanzstaatssekretär Andreas Schieder erhofft sich daraus noch heuer 220 Millionen Euro für den Bund, um das zusätzliche Defizit durch die ÖVAG-Rettung sofort abdecken zu können. Davon will man in ÖVP-Kreisen aber offenbar nichts wissen.

Die Genossenschafter sind nicht direkt Eigentümer der ÖVAG, sondern der regionalen Volksbanken, die deutlich besser dastehen als das Spitzeninstitut. Aus mit der Angelegenheit vertrauten Kreisen ist zu hören, dass ein Beitrag der Genossenschafter nicht Teil der Vereinbarung sein soll.