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Zweitimpfung nun länger gültig, aber der Schutz sinkt

Von Petra Tempfer

Politik

Mitte Oktober wäre der Impfnachweis für früh Geimpfte nicht mehr gültig gewesen, die Drittimpfung sollte großflächig starten. Deren Zulassung fehlt aber noch - der 3G-Nachweis wurde angepasst.


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Noch ist der Button des Grünen Passes auf der Handy-App für alle Vollimmunisierten grün: Wer die zweite Covid-19-Schutzimpfung erhalten hat, beziehungsweise bei Einmalimpfstoffen und Genesenen die Erstimpfung, der darf ins Restaurant essen gehen oder am Abend in eine Bar. Ursprünglich wäre dieser Button für einige allerdings schon im kommenden Monat rot geworden - die Impfung also nicht mehr gültig gewesen. Denn bereits Ende Jänner waren laut dem elektronischen Impfpass mehr als 3.000 Menschen in Österreich zum zweiten Mal geimpft und damit zu einem Zeitpunkt, der laut der ersten Version des Grünen Passes vom Juni dieses Jahres nur 270 Tage (neun Monate) zurückliegen durfte.

Das Ende dieser Frist wäre für die Ersten unter den Geimpften am 17. Oktober erreicht gewesen: An diesem Tag wollte man mit den Drittimpfungen im großen Stil beginnen, hatte das Gesundheitsministerium noch im August verkündet. Die Impfungen schritten anfangs rasch voran, Anfang März waren etwa drei Prozent vollimmunisiert, aktuell sind es fast 60 Prozent.

Immer weniger Antikörper

Der Button wird nun aber doch für alle länger grün bleiben. Denn mit der neuen, 8. Novelle zur 2. Covid-19-Öffnungsverordnung, die am 15. September in Kraft getreten ist, wurde die Gültigkeit der Vollimmunisierung einfach verlängert. Konkret werden nun Zweitimpfungen und auch die Erstimpfung für bereits genesene Personen für 360 Tage anerkannt. Allein bei Impfstoffen, bei denen nur eine Impfung vorgesehen ist (zum Beispiel von Johnson & Johnson), ist die Gültigkeitsdauer von 270 Tagen geblieben. Diese Verlängerung der Frist ist offenbar einer essenziellen Tatsache geschuldet: Keiner der derzeit verwendeten Impfstoffe ist noch für eine dritte Impfung zugelassen. Wie es sich mit den Vorgaben für den Grünen Pass weiter verhalten wird, damit die Impfungen nicht nach und nach ungültig werden, hänge davon ab, "wie sich die Sache entwickelt", heißt es auf Nachfrage aus dem Gesundheitsministerium.

Ganz so harmlos sei die Fristverlängerung jedoch nicht, sagt Markus Zeitlinger, Leiter der Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie an der Medizinischen Universität Wien. Denn mit jedem Tag, der seit der letzten Impfung verstreicht, sinke deren Schutz. "Aufgrund der Immunogenitätsdaten, die nun bald ein Jahr lang gesammelt wurden, wissen wir, dass die Anzahl der Antikörper und damit die Schutzwirkung stetig abnimmt", sagt Zeitlinger zur "Wiener Zeitung". "Aber", so der Pharmakologe weiter, "Medizin ist Statistik." Bei den einen könnte der Schutz also schon nach sechs Monaten empfindlich gesunken sein, während die anderen noch nach einem Jahr genügend Immunität hätten.

Vor allem bei den Älteren sei es sinnvoll, nach neun Monaten ein drittes Mal zu impfen, meint Zeitlinger. Dass die Gültigkeit der Zweitimpfung für die 3G-Regel des Grünen Passes verlängert wurde, bedeute ja nicht automatisch, sich erst nach einem Jahr wieder impfen lassen zu dürfen.

Datenlage noch begrenzt

Denn obwohl noch keiner der derzeit verwendeten Impfstoffe für eine dritte Impfung zugelassen ist, wird bereits geimpft. Die Auffrischungsimpfung gilt formal als "Off-label"-Anwendung: Das bedeutet, dass man vor jeder Impfung gesondert darüber aufklären muss, dass die Datenlage begrenzt und noch nichts über die Art und Häufigkeit der Nebenwirkungen bekannt ist, schreibt dazu das Nationale Impfgremium. Laut Renée Gallo-Daniel, Präsidentin des Österreichischen Verbandes der Impfstoffhersteller, ist geplant, dass die mRNA-Impfstoffhersteller die dritte Dosis demnächst einreichen. Mit einer Zulassung durch die Europäische Arzneimittel-Agentur sei in den kommenden Wochen zu rechnen.

Solange es nicht genügend Daten gibt, ist es laut Zeitlinger auch abwägungsmäßig der bessere Weg, mit der Drittimpfung noch nicht im großen Stil zu starten. "Jede Woche kommen neue, wichtige Daten dazu", sagt er. "Off-label"-Anwendungen hat es im Zuge der Pandemie bereits mehrere gegeben. Auch die Covid-19-Schutzimpfung für Schwangere fällt darunter, genauso wie die Kreuzimpfungen oder das Impfen unter Zwölfjähriger.

Was die Drittimpfung betrifft, so ist diese bereits in allen Bundesländern zumindest für Risikopatienten möglich beziehungsweise für alle buchbar. Zuletzt hat Tirol am Mittwoch die Online-Anmeldung bei den niedergelassenen Ärzten gestartet.