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"Zwickts mi, i man i dram!"

Von Robert Sedlaczek

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Wolfgang Ambros feiert heuer sein 40-jähriges Bühnenjubiläum - mit einer Tournee, mit einer CD und mit einem Buch, das bei Ueberreuter erscheint.


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Unlängst habe ich mir auf Youtube das Video "Zwickts mi" von Wolfgang Ambros angesehen. Es ist inzwischen zu einem Zeitdokument aus den Anfängen des Austropops geworden. Bei mir sind damit Erinnerungen an meine Jugend wach geworden.

Als Student war ich immer darauf bedacht, durch angenehme und interessante Arbeiten etwas Geld zu verdienen. Dazu zählte eine Ferialpraxis in der Sportredaktion der Austria Presse Agentur, eine Tätigkeit bei Ö3 - genau genommen waren es Straßeninterviews, die dann von Redakteuren geschnitten wurden - und ein Praktikum in der Tageszeitung "Die Presse".

Weniger angenehm und weniger interessant war meine Tätigkeit bei "Spotlight". Dort durfte man gegen Honorar Publikum spielen - wenn eine neue Folge der damals so beliebten Popsendung aufgezeichnet wurde.

Einer meiner Freunde hat mich auf diese Verdienstmöglichkeit hingewiesen. "Du gehst zu einer Frau am Küniglberg, die die Einteilungen macht, und stellst dich vor. Schau, dass du frisch gwaschene Haare hast und sauber geputzte Schuhe. Gelbe Hemden oder gelbe Pullover hat sie recht gern, das gibt im Farbfernsehen was her. Aber du musst schön brav und bieder ausschauen."

Ich habe mich an diesen Dresscode gehalten und den Job gekriegt. Leider erwiesen sich die Aufzeichnung als ein Martyrium für das gekaufte Studiopublikum. Jede Nummer wurde Tausende Male wiederholt, mit stundenlangen Pausen dazwischen. Die Dreharbeiten für eine Folge dauerten mehrere Tage.

Wenn ich mir jetzt das Video von "Zwickts mi" anschaue, amüsiere ich mich köstlich. Ambros singt "Gestern fahr i mit der Tramway Richtung Favoriten, draußen regnts und drinnen stinkts und i steh in der Mitten. De Leit ob s’ sitzen oder stengan, alle hams es fade Aug . . ." und es stimmt - brav gekleideten Madln und Buam, teils mit gelben Hemden oder Pullis, schauen desinteressiert aus ihrer Wäsche.

Ambros singt: ". . . und sicher ned nur in der Tramway, i glaub, des hams den ganzen Tag - mit." Jetzt sieht man zwei aus dem Publikum in Nahaufnahme. Sie sagen verschämt "mit" - ohne in die Kamera zu blicken. Dann singt Ambros denRefrain ". .. aber i glaub da hüft ka Zwicken, könnt ma ned vielleicht irgendwer ane picken?" Jetzt wird im Zwischenschnitt eine Hand eingeblendet - sie landet auf der Wange des Sängers. "Danke, jetzt is ma kloa, es is woahr, es is woahr."

Man sieht es: Der Einzige, der sich bei der Aufzeichnung wirklich amüsiert, ist Peter Rapp. Er grinst wie ein frisch lackiertes Hutschpferd. Und Wolfgang Ambros, sichtlich bemüht, zum Playback die synchronen Lippenbewegungen hinzukriegen, kapituliert bei der zweiten Strophe. Er lächelt verlegen in die Kamera - ohne die Lippen zu bewegen. Unterdessen ist seine Stimme vom Band zu hören.

Ich habe erst viel später begriffen, dass das trotzdem ein Meilenstein der österreichischen Popgeschichte war. Da haben Liederschreiber und Sänger erstmals so getextet und gesungen, wie wir untereinander geredet haben. Interessant ist auch, dass Ambros für Deutschland das Lied umgetextet hat. Weil man in Bayern "jemandem ane picken" nicht versteht, hat er einen neuen Refrain geschrieben: "Aber Zwicken hüft ma ned, i steh daneben. Könnt ma ned vielleicht irgendwer a Watschen geben." Denn: "Watschen" wird auch in Bayern verstanden. Eine Referenz an die Bayern, mit denen wir ja viel gemeinsam haben. Nur dort und in Österreich spricht man ein richtiges und ein gutes Deutsch.