"Die Behandlung der Beschwerde wird abgelehnt", grantelten die Höchstrichter vom Verfassungsgerichtshof und verwiesen auf die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts. Dieses hatte sich allerdings | schon drei Mal mit dem Thema beschäftigt und damit zu einer dauerhaften Kontroverse zwischen den heimischen Kommunen und dem Fiskus beigetragen. Der Meinungsstreit betrifft die steuerliche Behandlung | der Urlaubsentschädigungen und der Urlaubsabfindungen der Dienstnehmer. Vor allem die Kommunalsteuerpflicht dieser Zahlungen.
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In einer Zeit, in der die hohen Lohnnebenkosten heimische Unternehmen immer wieder zur Verlagerung ihrer Betriebe in kostengünstigere Regionen veranlaßt, ist die 3%ige Kommunalsteuer
durchaus nicht unerheblich. Andererseits ist es verständlich, daß die Gemeinden seit dem Wegfall der Gewerbe- und Lohnsummensteuer kein noch so geringes Gerstl auslassen, um ihre Budgets zu sichern.
Diese zwiespältige Situation hat nun dazu geführt, daß der Fiskus · sonst kein Kostverächter, wenn es um zusätzliche Pfründe geht · den Urlaubsabgeltungen am Ende eines Dienstverhältnisses eine
andere (bemerkenswert dienstgeberfreundliche) Wertung gibt, als die Gemeinden.
Lohnsteuerliche
Begünstigungen
Ursache der öffentlich-rechtlichten Reiberei ist das Kommunalsteuergesetz, das Bezüge im Sinne des § 67 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes als abgabenfrei akzeptiert. Der einkommensteuerliche
Paragraph behandelt die steuerliche Begünstigung jener "sonstigen Bezüge", die bei oder nach Beendigung eines Dienstverhältnisses anfallen. Dazu werden im Gesetz selbst auch zwei Beispiele angeführt:
freiwillige Abfindungen und Abfertigungen. Und die Praxis der Finanzverwaltung fügt diesen Beispielen zwei weitere hinzu: Urlaubsentschädigungen und Urlaubsabfindungen.
Mit dem freundlichen Effekt, daß auch diese beiden "Abschlußzahlungen" nicht nur weitgehend lohnsteuerlich entlastet werden dürfen, sondern auch nicht dem sogenannten Dienstgeberbeitrag (DB) samt
Zuschlag unterliegen.
Kontrastandpunkt
der Gemeinden
So ist das nicht gemeint!, sagen die Kommunen. Sie wollen die nachfälligen Urlaubsabgeltungen nicht als "sonstige Bezüge" im Sinne des § 67 Abs. 6 EStG sehen, sondern als anteilige laufende
Urlaubsentgelte (also als Teile der laufenden Bezüge), die nur zufällig bei Ende eines Arbeitsverhältnisses anfallen. Mit der praktischen Auswirkung, daß für diese Bezüge · genauso wie für die
"normalen" laufenden Bezüge · eben Kommunalsteuerpflicht gegeben ist.
Die Streitfrage, die es zu entscheiden galt und gilt, ist also, wie diese urlaubsbezogenen Schlußzahlungen rechtlich zu werten sind. Und diese Frage hat der Verwaltungsgerichtshof bereits
dreimal zugunsten der Gemeinden entschieden, zuletzt im Oktober 1997.
Fiskus gegen
das Höchstgericht
Angesichts der nun offenbar eindeutigen höchstgerichtlichen Interpretation versuchten es die Legisten des Finanzministeriums mit einem Trick. In der Regierungsvorlage zum Abgabenänderungsgesetz
von 1997 erweiterten sie die im § 67 EStG angeführten beiden Beispiele unauffällig um die Worte "Urlaubsabfindungen und Urlaubsentschädigungen" und verbrämten die kleine Ergänzung als schlichte
Klarstellung. Der Versuch scheiterte kläglich: Die wachen Juristen des Gemeindeverbandes reklamierten den Schmuggelversuch in letzter Minute vor der Gesetzwerdung aus der Vorlage wieder hinaus.
Worauf die Finanzverwaltung die Unterbehörden und Dienstgeber mit einem Justament-Erlaß aufforderte, die "bisherige (langjährige) Vorgangsweise" beizubehalten: Urlaubsentschädigungen und
Urlaubsabfindungen sollten weiterhin als "sonstige Bezüge" lohnsteuerbegünstigt und vom DB befreit bleiben. Diese Rechtsansicht wird auch in den neuen Lohnsteuerrichtlinien weiter aufrecht
erhalten, wo es unter Ziffer 1085 heißt "Die gegenteilige Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht anzuwenden".
Unbefriedigende
Rechtslage
Womit der Dualismus zweier Rechtsbereiche offensichtlich für lange Zukunft festgeschrieben zu sein scheint: die Steuerbegünstigung seitens des Fiskus und die Steuererhebung seitens der Gemeinden.
Das ungute Beispiel hat inzwischen auch schon die Sozialversicherer ermuntert, die aus der Bezahlung der Urlaubsabgeltungen gleich eine Verlängerung der Beitragszeiten über das Ende des
Dienstverhältnisses hinaus abgeleitet haben.
Genau um diese unbefriedigende Doppelgleisigkeit der Rechtslage scheint es der Beschwerdeführerin bei ihrer Demarche zum Verfassungsgericht ¹) gegangen zu sein. Sie hat nicht nur drei
Gemeinden (Wien, Linz und Krems) unterstellt, das Kommunalsteuergesetz grob unrichtig angewendet zu haben, sondern dieses Gesetz auch selbst als verfassungswidrig angeklagt, weil es bestehende Normen
zur Urlaubsabgeltung unterschiedlich behandle (als Vergleich wurde die Regelung für Bauarbeiter herangezogen).
Keine Aussicht
auf Änderung
Die Verfassungsrichter hielten sich mit der Beschwerde freilich nicht lange auf, räumten ihr "keine hinreichende Aussicht auf Erfolg" ein und wiesen daraufhin, daß die Angelegenheit ja auch nicht
von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen sei.
Ein Schlußsatz, der die Einschreiterin angesichts der bereits vorhandenen Judikatur kaum erbaut haben dürfte, ihr aber möglicherweise vor Augen geführt hat, woran die so oft diskutierte Vereinfachung
der Lohnverrechnung scheitern kann.
¹) Zln. B 1234/98 u.a. vom 28.9.1998