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Das Um und Auf im Bankengeschäft ist die Refinanzierung über die Geldmärkte. Ist der Kreislauf des gegenseitigen Verleihens von Geld massiv gestört, hat das bei den Banken Liquiditätsengpässe zur Folge. | Zur Erinnerung: Die Gefahr, dass der Interbankenmarkt kollabiert und so eine Pleitewelle unter den Instituten auslöst, war gerade in den Monaten nach dem fatalen Crash von Lehman Brothers (Herbst 2008) besonders akut. Rund um den Erdball hatten deshalb die Notenbanken immer wieder riesige Mengen an Geld in den Bankensektor pumpen müssen.
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Sind die Geldmärkte, die damals fast ausgetrocknet waren, mittlerweile frei von Verwerfungen? Die Antwort lautet Jein - zumindest für Europa. Das zeigt sich unter anderem daran, dass noch immer viele Banken überschüssige Liquidität kurzfristig lieber bei der Europäischen Zentralbank (EZB) parken, als diese an andere Institute zu verleihen.
Das Vertrauen der Banken untereinander ist nach wie vor noch nicht völlig wiederhergestellt. Vor allem Institute aus den schuldengeplagten EU-Staaten Griechenland, Portugal, Spanien und Irland haben derzeit Probleme, sich bei anderen Geldhäusern mit Liquidität zu versorgen. Ihnen bleibt somit lediglich die EZB als "Tankstelle".
Dazu ein Beispiel: Standen griechische Banken zu Jahresbeginn mit zunächst rund 50 Milliarden Euro bei der EZB in der Kreide, sind es zuletzt bereits knapp 90 Milliarden gewesen. Österreichischen, deutschen oder französischen Banken geht es da deutlich besser, sich über den Interbankenmarkt zu refinanzieren.
Insgesamt ist die Lage im Euro-Raum also weiter fragil. Zumal unter den Banken da und dort sicher auch berechtigte Zweifel bestehen, die einem anderen Institut geborgte Liquidität inklusive Zinsen zurückzubekommen. Die mit der EZB jüngst abgeschlossenen Refinanzierungsgeschäfte der Banken zeichnen daher ein zwiespältiges Bild.
Am Mittwoch haben 171 Institute aus der Euro-Zone bei der EZB zunächst insgesamt 132 Milliarden Euro für drei Monate abgerufen. Das war zwar deutlich weniger als von Geldhändlern erwartet (210 Milliarden), weshalb Experten nun von einer Normalisierung der Geldmärkte und einem guten Signal für das Bankensystem sprechen. Doch es gibt auch Stimmen, die betonen, dass immerhin 171 Banken offensichtlich Probleme haben, sich anders Liquidität zu beschaffen als über die EZB. Am Donnerstag hat die Zentralbank in Frankfurt dann noch mehr als 111 Milliarden Euro zugeteilt - bei einem Sechs-Tages-Tender, an dem sich 78 Banken beteiligten. Die abgerufene Summe lag eine Spur über den Erwartungen der Märkte.
Beide Refinanzierungsgeschäfte wurden mit Argusaugen beobachtet. Denn am Donnerstag mussten die Institute der EZB 442 Milliarden Euro aus einem ausgelaufenen Zwölf-Monats-Tender zurückzahlen. Dieser gigantische Liquiditäts-Aderlass war eine Art Stresstest der Superlative.
Siehe auch:Crashtests für die Banken werden selbst zum Risiko