Nicht nur die Europäische Union bemüht sich, auf dem Westbalkan ihre Einflüsse zu vergrößern.
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Die Entfernung zu Brüssel ist weit. Mehr als 2200 Kilometer sind es von Priština aus. Dreieinhalb Mal so viele sind es von der kosovarischen Hauptstadt nach Washington. Doch die Verbindungen zu den USA sind eng. Diese waren an der Nato-Militärintervention in den Kriegsjahren um die Jahrtausendwende maßgeblich beteiligt, an den späteren Friedenseinsätzen ebenso. Washington übte über seine Botschafter sogar in der Innenpolitik Einfluss aus; so manche Spitzenposten-Besetzung soll mit den Amerikanern abgestimmt gewesen sein. Bis heute hängt vor etlichen öffentlichen Gebäuden in Priština und anderen Städten neben der EU-Fahne eine Flagge der USA.
Die Präsidentschaftswahl in den USA stieß denn auch im Kosovo auf Interesse. Für das Balkan-Land wäre es wohl besser gewesen, wenn nicht Donald Trump gewonnen hätte, kommentierte die Grüne EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek, Berichterstatterin des EU-Parlaments für den Kosovo. Denn der künftige US-Präsident hat im Wahlkampf seine Begeisterung für das russische Staatsoberhaupt Wladimir Putin zum Ausdruck gebracht. Und Russland wiederum bemüht sich auf vielfältige Weise, seinen Einfluss auf dem Westbalkan auszuüben - und so Hürden auf dem Weg der Region Richtung Europäische Union aufzustellen.
Diese Tendenz macht der kosovarischen Regierungspolitikerin Edita Tahiri auch größere Sorgen als der Ausgang der US-Wahl. Während die Vize-Ministerpräsidentin sich nämlich auf die US-Administration und die Tradition der guten transatlantischen Beziehungen verlassen will, sind die Versuche der Machtausübung Russlands für ihr Land gefährlicher. Die seien nämlich in den Gesprächen Prištinas mit Belgrad zu sehen, stellt die Verhandlungsführerin im Dialog mit dem benachbarten Serbien fest. Die mehrere Monate dauernde Blockade der Gespräche führt sie eben auf die Einflussnahme aus Moskau zurück.
"Belgrad muss sich zwischen Brüssel und Moskau entscheiden", sagt Tahiri. Denn einerseits führt Serbien Beitrittsverhandlungen mit der EU, und andererseits hält es Militärübungen gemeinsam mit Russland und Weißrussland ab. Gegen die Sanktionen, die die Europäer wegen des Konflikts um die Ukraine gegen den Kreml verhängt haben, sträubt es sich ebenfalls.
Doch auch woanders pflegen Serben die Bande mit Russland: in der Republika Srpska, die ein Teil Bosnien-Herzegowinas ist. Dort könnte Präsident Milorad Dodik ohne die Unterstützung aus Moskau kaum so offen gegen die Politik der EU und der USA auftreten. Ebenso in anderen Ländern, in Mazedonien und Montenegro, ist Russland an seiner Präsenz in Wirtschaft und Politik interessiert.
Für die EU-Kommission, die vor kurzem ihre regulären Berichte über die Lage in den Kandidatenländern präsentiert hatte, ist dies jedoch kaum ein Schwerpunkt ihrer Beobachtungen. Sie legt den Fokus auf die Anstrengungen der jeweiligen Länder bei der Stärkung der Rechtsstaatlichkeit, Bekämpfung der Korruption, Einhaltung der Menschenrechte oder der Meinungsfreiheit. All das kann aber durch Einflüsse von außen ebenfalls untergraben werden.