Zum Hauptinhalt springen

Zwischen den Blöcken zerrieben oder stärker denn je

Von Karl Aiginger

Gastkommentare
Karl Aiginger ist Direktor der Europa-Plattform (www.querdenkereuropa.at) und lehrt an der WU Wien. Er ist Autor von Europa-Projekten, Mitglied des ForumFuture-Teams und der Schumpeter-Gesellschaft.
© Eric Kruegl

Europa hat die Chance, eine globale Führungsrolle zu übernehmen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 1 Jahr in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Die alte Weltordnung ist vorbei, die Sowjetunion schon lange, Russland versucht vergeblich nachzufolgen. Die USA, als einzige verbleibende Supermacht, haben sich durch viele Fehler und eine Spaltung der Bevölkerung aus dem Spiel genommen. China will Nummer eins werden und vom Ukraine-Krieg profitieren; es investiert in vielen Ländern, wobei die Investitionen privat scheinen, aber versteckte Schulden verursachen; werden diese nicht zurückgezahlt, sollen der Hafen oder die Straße ohne internationale Kontrolle Eigentum Chinas werden. Welche Chancen hat hier Europa? Ist es zu klein, um mitzuhalten? Haben die einzelnen Länder zu unterschiedliche Ziele? Wird Europa von Populisten überrollt? Es könnte eine wichtige Rolle spielen. Aber nur, wenn es Probleme gemeinsam löst.

Das Ziel der Europäischen Einigung, Friede, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg insofern erreicht, als es im Gebiet der EU keine kriegerischen Konflikte gab; am Rande schon. Die EU erhielt sogar den Friedensnobelpreis. Jetzt hat in der Ukraine ein Krieg begonnen. Die meisten Parteien und Länder Europas wollen helfen, aber nicht alle. Populisten freuen sich, in Europa und in den USA, wenn die Ukraine leidet. Die Nato wird größer, und alle verlangen Aufrüstung, damit fehlt aber dann das Geld für Klimainvestitionen oder zur Verbesserung von Pflege und Gesundheit in Europa.

Die USA haben bei jeder Intervention (Irak, Syrien, Afghanistan) vergessen, dass es ein "Nachher" gibt, wo Friede geschaffen und der Wiederaufbau von Bevölkerungsgruppen unterstützt werden muss. Was könnte Europa da tun? Einerseits mehr zusammenstehen - Probleme können nur gemeinsam gelöst werden, sie sind vernetzt: Klima und Soziales hängen zusammen. Gemeinsam mit Nachbarn in und außerhalb der EU zu handeln, erhöht die Erfolgsaussichten. Populisten und Nationalisten werden das nie einsehen, aber verlieren nach gewisser Zeit auch an Zustimmung. Griechenland, Italien und Polen können da als Beispiele dienen. Sie schaffen eine Politik, die vor einem Jahrzehnt unwahrscheinlich schien.

Europa ist wirtschaftlich groß, wird aber oft unterschätzt. Seine Wirtschaftsleistung ist - inklusive Nicht- und Noch-nicht Mitglieder - mindestens ebenso groß wie jene der USA oder Chinas. Es hat auch eine höhere Lebenserwartung, ist sozialer und ökologischer als die beiden anderen. Europa hat also ein besseres Wirtschafts- und Sozialsystem.

Wie wird es weitergehen? Europa hat die Chance, in der zukünftigen Weltordnung eine Führungsrolle zu übernehmen. Nicht zu Lasten von Nachbarn, sondern gemeinsam mit ihnen. Nicht jedes Land alleine, sondern gemeinsam. Ohne Migration wird es eine alternde Gesellschaft, das liegt auf der Hand. Und wir brauchen die Jugend, wir brauchen Parteien, die das wissen und neue gemeinsame Lösungen suchen, statt auf Populismus zu setzen. Nächstes Jahr sind EU-Wahlen - da wäre es doch schön, wenn es schon echte Europaparteien gäbe und eine Europazeitung aus Wien. Österreich sollte dabei eine stärkere Rolle übernehmen, zum Beispiel in der Klimapolitik, bei der Integration von Migranten, in der Partnerschaft mit Afrika. Das würde dazu beitragen, Europa zu stärken.

Karl Aiginger diskutiert diesen Donnerstag (15. Juni) ab 19 Uhr im Haus der EU (Wipplingerstraße 35, 1010 Wien - Großer Saal) mit Christian Ketels (Harvard University), Judith Kohlenberger (Migrationsforscherin an der WU Wien) und Othmar Karas (Vizepräsident des EU-Parlaments) "Die Rolle Europas in einer veränderten Welt".

Info & Anmeldung unter www.europaplattform.at