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Zwischen Equal Pay Gap und Hotel Mama

Von Roman Braun

Gastkommentare
Roman Braun ist Geschäftsführer von Trinergy International, Psychologe, zertifizierter Lebens- und Sozialberater und Bestsellerautor.

Statt Rollenfixierung wäre es am Muttertag angesagt, die Rollenvielfalt von Frauen zu feiern, die sich nicht bloß auf das Muttersein beschränkt.


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"Wir wären nie gewaschen und meistens nicht gekämmt . . ."

Viele Mütter wissen nur zu gut, wie es weitergeht. Auch in diesem Jahr: Am 14. Mai ist Muttertag. Wir feiern den (für manche mehr, für manche weniger) großen Freudentag heuer schon zum 111. Mal. Er hat also Tradition. Was ursprünglich Wurzeln in der Frauenbewegung hatte und zum gemeinsamen Austausch diente, wurde vom Handel in den 1920er Jahren kommerzialisiert und im Zweiten Weltkrieg auf die Rolle der Mutter als zentralen Teil zum Erhalt des Systems fixiert.

So viel zur Vergangenheit. Wie sieht es heute aus? Frauen verdienen im Jahr 2017 im Durchschnitt noch immer um 21,5 Prozent weniger als Männer. Mama fühlt sich mehrheitlich für den Haushalt verantwortlich und arbeitet häufiger als Teilzeitkraft als Papa, um bei ihrer Familie zu sein, wie Studien zeigen. Und gerade rund um den Muttertag hören wir allzu oft klassische Rollenklischees, die genau diese Einseitigkeit von Mamas Position festigen: "Danke Mama, dass du dich um das Essen kümmerst. Danke für die Fürsorge."

Indem wir genau nur diese eine Rolle von Müttern fokussieren, bestärken wir ihre Festschreibung. Denn: Mama ist nicht nur Mutter. Sie ist Frau. Sie ist Chefin und/oder Kollegin. Sie ist Partnerin. Sie ist mitunter Bergsteigerin. Und sie hat noch viele andere Rollen - Mutter ist bloß eine davon.

Der Muttertag muss aber nicht in dieser traditionellen Version stecken bleiben, in der womöglich dafür gedankt wird, dass sie als Hotel Mama immer noch alleine die Wäsche macht. Machen wir doch einfach einen Muttertag 2.0 daraus: Anstelle der Rollenfixierung, die heute noch so oft zelebriert wird, wollen wir Mama in ihrer Rollenvielfalt feiern, die sich nicht bloß auf das Muttersein beschränkt.

Um dabei nicht in alte Gewohnheiten zu fallen, wird am besten auf klischeehafte Rituale verzichtet: Das typische Frühstück am Bett muss dieses Mal nicht sein, auch der Tag kann so flexibel verlegt werden, wie Mamas Terminplan es zulässt. Besonders Präsente, die schon seit der Volksschule Must-haves sind - Muttertagsgedichte beispielsweise - taugen meist nur wenig als angemessenes Geschenk für einen Erwachsenen. Dabei gilt es, sich vom Rollenbild der "Mama als Ernährerin" als primäre Bindung zu lösen. Viel eher passt zum modernen Muttertag: "Danke, dass du Mensch in all deinen vielfältigen Facetten bist."

Wer gerne etwas schenken möchte, sollte sich gut überlegen: Was mag Mama wirklich? Welche Werte sind ihr wichtig? Und wie sieht der perfekte Tag für sie persönlich aus? Ein gutes Geschenk ist jedenfalls eines, bei dem sich der Schenkende wirklich ausführlich Gedanken über die beschenkte Person gemacht hat. Erlebnisse - wie ein gemeinsamer Ausflug, ein ausgedehnter Brunch oder vielleicht auch Mamas sportliche Lieblingsaktivität - geben nachgewiesen ein längerfristiges Glücksgefühl.

Wer als Erwachsener die Beziehung zu seiner Mutter nicht nur als Mama-Kind-Verbindung betrachtet, sondern sie auch als Freundin, Karrierefrau oder Kreative wahrnehmen kann, der lässt die alten Klischees hinter sich.