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Die deutschen Grünen sind Heuchler. Denn während sie sich lautstark über den Export von Leopard-Panzern nach Saudi-Arabien oder jetzt über die Lieferung von Patrouillenbooten an Angola ereifern, hat es unter der rot-grünen Regierung von Gerhard Schröder gleichfalls problematische Waffenexporte gegeben. So sieht es jedenfalls die CDU. Und tut damit der friedensbewegten Ökopartei ein wenig Unrecht.
Zwar stieg der deutsche Waffenexport unter Rot-Grün nach Saudi-Aarbien wirklich von 20 auf zeitweise 60 Millionen Euro. Aber immerhin setzten die Grünen im Jahr 2000 verschärfte Richtlinien für den Waffenexport durch, die Lieferungen in Spannungsgebiete verbieten. Vorangegangen war eine Zerreißprobe für die noch junge Koalition mit der SPD über eine geplante Lieferung von 1000 Leopard-Panzern an die Türkei. Mit Blick auf die dortige Menschenrechtslage und das Kurdenproblem lehnten die Grünen diese ab. Geliefert wurden 48 Panzer erst im Jahr 2006 unter der großen Koalition von Angela Merkel. Etwas später schnellten auch die Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien auf 170 Millionen Euro hinauf. Der Leopard-Deal soll weitere zwei Milliarden Euro bringen.
Gerade unter Schwarz-Rot wurde der Waffenexport deutlich angekurbelt: Er verdoppelte sich fast und ließ Deutschland vom fünften auf den dritten Platz der weltgrößten Rüstungsexporteure hinter den USA und Russland vorstoßen.
Dennoch greift es ein wenig kurz, wenn Grünen-Vorsitzende Claudia Roth Merkel als "Patronin der deutschen Rüstungslobby" bezeichnet. Zwar sind der Kanzlerin, die in Zeiten, da die Bundeswehr sparen muss, verstärkt auf Exporte setzt, gewiss die 80.000 Arbeitsplätze in der deutschen Rüstungsindustrie ein Anliegen. Der geplante Verkauf von bis zu acht Grenzschutzbooten an Angola ist aber nur Beiwerk zu größeren Plänen. Dort sollen "Energie- und Rohstoffpartnerschaften" geschaffen werden, "die die Versorgung Deutschlands verbessern" sollen. Kurz: Es geht um Öl.
Ähnliches gilt auch für einen Waffendeal mit Algerien, der kürzlich weitgehend unbemerkt genehmigt wurde. In der Zusammenarbeit mit dem autoritär geführten Land geht es um mehr: um das Solarstrom-Projekt Desertec etwa oder um die Teilhabe von Siemens an der Wiederbelebung des Eisenbahnsektors. Und die bisher gelieferten Infrarot-Überwachungssysteme sollen dazu dienen, afrikanische Flüchtlinge von Europas Küsten fernzuhalten.
Merkel geht es also um Interessen nicht nur der Waffenindustrie. Mit den vielbeschworenen Menschenrechten geht dies allerdings nur bedingt zusammen. Und auch mit anderen Interessen: Deutschland drängt am vehementesten Griechenland zum Sparen. Dessen überzüchtete Streitkräfte zählen aber zu Deutschlands besten Waffenkunden.