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Zwischen Gobi und Meggido

Von David Axmann

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Was für den Philatelisten die Blaue Mauritius und für den Fotosafaristen das Weiße Nashorn, ist für den Apokalyptiker Armaggedon - nämlich ein Lebenshöhepunkt. Wann immer die alte, launische Erde wieder einmal in Weltuntergangsstimmung kommt, ist des Johannes Offenbarung 16,16ff. nicht fern. Dort steht geschrieben, dass der Endkampf gegen den Antichrist an einem Ort namens "Harmaggedon" stattfinden werde. Dieses hebräische Wort heißt so viel wie "Berg von Meggido". Nun gibt es in der Umgebung von Meggido, im nördlichen Israel, ungefähr auf halber Strecke zwischen Haifa und Tiberias gelegen, freilich keine Berge im alpinen Sinn, sondern höchstens Hügel, und vom antiken Meggido ist nur ein Ruinenfeld geblieben. Spürsinnigen Archäologen genügen jedoch schon ein paar gut erhaltene Steine, um die Vergangenheit zu enträtseln: In Meggido ist die erste ausführlich dokumentierte Schlacht der Menschheitsgeschichte geführt worden, und zwar 1468 v. Chr. Der das Faktum überliefernde "Kriegsbericht" wurde aber nicht hier gefunden, sondern im ägyptischen Karnak. Denn der Sieger in dieser Schlacht (vermutlich gegen die Hethiter) hieß Pharao Thutmosis III.

Das war in einer vorzüglichen Doku auf 3sat zu erfahren, allerdings leider am letzten Donnerstagabend von 20.15 bis 21 Uhr. Genau zur selben Zeit lief nämlich auf ORF 2 ein Bericht über Bruno Baumann, der die Wüste Gobi nicht bloß scheinbar, das heißt als politischer Metaphoriker, sondern tatsächlich zu Fuß durchquert hat. Kurzum, an diesem Abend sah sich der bildungsbeflissene (und folglich dem Zappertum abholde) Fernsehzuschauer vor die Entscheidung zwischen Gobi und Meggido gestellt. Ein Glück, dass ihn das Programm nur sehr selten in so ein Lage bringt.