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Nach den Neos am Montag führt die SPÖ heute Sondierungsgespräche mit den Grünen.
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Tag zwei der Wiener Sondierungsgespräche. Nach den Neos am Montag trifft die Wahlsiegerin, SPÖ, heute, Dienstag, auf ihren bisherigen Partner, die Grünen, um eine mögliche Koalition auszuloten.
Ein Bündnis mit den Grünen ist eigentlich aufgelegt. Nicht nur hat man schon die vergangenen fünf Jahre miteinander regiert und das großteils harmonisch und erfolgreich. In der Bevölkerung sind mit dieser Kombination offenbar auch die meisten zufrieden: 36 Prozent der Wiener wünschen sich eine Neuauflage von Rot-Grün. Demgegenüber liegt weit abgeschlagen der Wunsch nach Rot-Türkis mit 14 Prozent auf dem zweiten Platz.
Thematisch haben beide Parteien eine große gemeinsame Schnittmenge: vom Sozialen über leistbares Wohnen und Willkommenskultur bis hin zur Klimapolitik. Wenn nicht in Wahlkampfzeiten gerade irgendwo Fahrradwege aufpoppen oder die Innenstadt plötzlich von Autos leergefegt werden soll, ist und war man sich weitgehend handelseins.
Ein einfacher Durchmarsch ist heute dennoch nicht zu erwarten. Denn mit dem Sieg im Rücken und der Tatsache, dass es drei mögliche Koalitionspartner gibt, dürfte die SPÖ ihren bestehenden Deal mit den Grünen nachbessern wollen.
Über Verkehrsressort könnte verhandelt werden
Insidern zufolge gibt es zwei Punkte, die die SPÖ gerne ändern würde: zum einen Birgit Hebein als Vizebürgermeisterin und zum anderen das grüne Verkehrsressort. Hebein sei manchem Genossen ein wenig zu kompromisslos und auch ein wenig zu unberechenbar, heißt es. Die amtierende Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin hat jedoch bereits im Vorfeld klargemacht, dass es eine Neuauflage der rot-grünen Koalition nur mit ihr geben werde. In Sachen Verkehr wiederum ist spätestens, wenn es um den Bau des umstrittenen Lobautunnels geht, Streit vorprogrammiert. Ob sich die Grünen hier auf einen Deal einlassen, bleibt abzuwarten.
Ein Bonus für die SPÖ ist bei einer Koalition mit den Grünen jedenfalls die Auswirkung auf Bundesebene. Die Wiener Grünen galten schon bisher als kritisch gegenüber der Regierung, in der ihre Parteikollegen mit den Türkisen koalieren. Umgekehrt ist es von Bundesseite ungleich schwerer, gegen das Wiener Gegenmodell zu schießen, wenn einer der Koalitionspartner dort auch vertreten ist.
Bildungsressort könnte bei Koalition an Neos gehen
Leichter wäre das bei einer Koalition mit den Neos. Im sozialen Aspekt der liberalen Partei gibt es sicherlich ausreichend Gemeinsamkeiten und Berührungspunkte zwischen SPÖ und Neos. "Wir sind eine offene Stadt", nannte Michael Ludwig eine Grundbedingung für ein gemeinsames Regieren. Diesen Punkt würden die Neos sicherlich erfüllen. Die wirtschaftliche Seite der Neos ist hingegen so ziemlich die Antithese zur Sozialdemokratie. Mit Forderungen nach Privatisierungen und Liberalisierungen können die Roten wenig anfangen. Die Neos sind eine Partei, die in der EU gegen Maßnahmen gegen Sozialdumping gestimmt hat. Die Forderung nach einer Privatisierung der Wasserversorgung wurde nach flächendeckend heller Empörung in Wien und Österreich wieder relativiert.
Doch müsste - und würde wohl im Falle, dass sich die beiden einig werden - den Neos kein wirtschaftlich heikles Ressort gegeben werden. Abgesehen davon, hat man zumindest im Wiener Wahlkampf nichts von den Neos gehört, was in Richtung Privatisierung gehen würde. Gemunkelt wird, dass ihnen die Bildung zugedacht wird, die ohnedies eines der pinken Kernanliegen ist. Für die SPÖ wäre es ein verschmerzbares Ressort. Wien diente hier sogar bundesweit als Reibefläche für ÖVP und FPÖ: Von den Islam-Kindergärten und migrationsdominierten Schulklassen bis hin zu einem Anteil von 40 Prozent jener Kinder, die nicht sinnerfassend lesen können. Mit Bildung, besagt ein geflügelter Spruch in der Politik, kann man keine Wahl gewinnen, aber sehr wohl eine damit verlieren. Von dem her: Funktioniert es, kann die SPÖ es als Leistung der Stadt Wien verkaufen, bei einem Fehlschlag kann sie den Neos die Schuld geben.
Die pinke Forderung nach einem Corona-Krisenkabinett wird wohl auch kein Problem darstellen. Auch beim Stadtrechnungshof, der Parteifinanzen prüfen dürfen soll, wird man sich wohl irgendwie einig werden. Ebenso ist die Bedingung der Neos einer Gebührensenkung durch Einsparungen im Politikapparat vage genug formuliert, um es kein unüberwindbares Problem werden zu lassen. Von der Papierform wäre Rot-Pink also kein Problem, lediglich gesamt-ideologisch.