Byzanz war kein Steuerparadies. | Budgetsanierung durch neue Steuern. | Wien. Nicht nur heute müssen die Finanzminister mit steigenden Ausgaben und sinkenden Einnahmen kämpfen. Bereits vor über 1000 Jahren waren die Herrscher gezwungen, über einfallsreiche Wege das Steueraufkommen zu maximieren.
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Die Vertreter der römischen Finanzverwaltung beispielsweise kommen schon im Neuen Testament - Stichwort Zöllner - nicht gut weg. Im (ost)römischen, "byzantinischen" Reich bestand das Imperium Romanum mit seinen Traditionen bis ins 15. Jahrhundert fort - und dazu gehörte auch ein ausgefeiltes Steuer- und Abgabenwesen. Eine reiche Fülle von Informationen besitzen wir dazu aus der Regierungszeit von Kaiser Nikephoros I. (802-811), der als Finanzminister des Reiches nach dem Sturz der Kaiserin Irene den Thron bestiegen hatte.
Von seiner Vorgängerin erbte der Kaiser ein schwer in Schieflage geratenes Budget, das ihm schon auf seinem früheren Posten schwer zu schaffen gemacht hatte. Nunmehr im Besitz der absoluten Macht ließ er seiner Finanzbeamtenphantasie freien Lauf - und nahm dafür auch die schlechte Presse in Kauf, die ihm der zeitgenössische Historiker und Mönch Theophanes in seiner Chronik bereitete: "Zehn Übeltaten" des Kaisers zählt Theophanes auf, dazu gehörte die Aufhebung aller Steuererleichterungen seiner Vorgängerin und die Neuveranlagung aller Untertanen bei gleichzeitiger Erhöhung der Steuer. Neu war, dass für das zweifelhafte Privileg, ins Verzeichnis der Steuerpflichtigen eingetragen zu werden, eine Gebühr von 8,33 Prozent der Steuersumme fällig wurde.
Schatzfundsteuer
Einheben ließ Nikephoros auch eine Herdsteuer von jedem Haushalt und dehnte sie auf die Pächter der Kirchen und Klöster aus - was den Mönch Theophanes natürlich besonders erzürnte. Viele Landgüter, die Irene der Kirche geschenkt hatte, zog Nikephoros wieder ein; gleichzeitig hatten aber die zuvor Beschenkten weiter die Grundsteuern für jenes Land zu bezahlen, das sie nun nicht mehr besaßen.
Zudem befahl der Kaiser, die Einhebung der Erbschafts- und der Schatzfundsteuer strenger zu kontrollieren - und besteuerte nach Auskunft des Theophanes auch jene wie Schatzfinder, die rasch von Armut zu Reichtum gekommen waren (also eine Art Steuer auf den Lotto-Sechser). Auf Sklaven außerhalb des Steuerbezirks von Konstantinopel wurde ein Zoll von zehn Prozent eingeführt. Und das Zinsgeschäft ließ der Finanzler auf dem Kaiserthron überhaupt beim Staat monopolisieren; sofort mussten die reichen Schiffsreeder von Konstantinopel zwangsweise einen Kredit beim Staat aufnehmen - gegen bescheidene 16,66 Prozent Zinsen.
So mancher Byzantiner suchte angesichts dieser Abgabenquote sein Heil in der Flucht, dann standen die Steuereintreiber vor verlassenen Gehöften. Doch auch hier besaß der byzantinische Fiskus ein probates Mittel: Für die vorgeschriebene Gesamtsteuer eines Dorfes haftete die gesamte Dorfgemeinschaft. Für den Steuerflüchtling wurden also seine Nachbarn zu Kasse gebeten. Groß war daher der Anreiz, dafür zu sorgen, dass der Steuerzahler von nebenan sich nicht absetzte.
Als Trinkgefäß geendet
Populär machte seine Fiskalpolitik Nikephoros I. nicht - aber der Staatshaushalt wurde saniert. Die Überschüsse steckte man in die Rüstung, bedrohten doch die Bulgaren die Hauptstadt.
Als Nikephoros gegen sie zu Felde zog, ereilte ihn sein - nach Ansicht des Theophanes wohlverdientes - Schicksal: Sein Heer geriet in einen Hinterhalt und der Kaiser fiel. Sein Kopf endete - künftigen ausschließlich einnahmenseitig operierenden Budgetsanierern zur Warnung - als Trinkgefäß des Bulgaren-khans Krum.
Der Autor ist Byzantinist und Mitarbeiter der Bayerischen und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.