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Rabat · Es vergingen nicht einmal vier Stunden nach dem Tod von König Hassan II., da war Kronprinz Sidi Mohammed schon als Marokkos neuer Monarch vereidigt. Eile schien geboten, denn in der | Bevölkerung machte sich bereits Angst vor politischen Wirren breit.
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Der rasche Wechsel auf dem Thron der Alawiten-Dynastie tat Wirkung. Die Lage blieb ruhig.
Der neue König Mohammed VI. steht vor einer schweren Aufgabe. "Das Land steckt in einer wirtschaftlichen und sozialen Krise. Es drohen schwere Zeiten", sagt der Politikexperte Mohammed Bensidi von
der Universität Rabat. "Wenn dann noch ein Machtvakuum auftritt, ist das Schlimmste zu befürchten." Aufgrund der Armut besteht in dem Maghreb-Land immer die Gefahr sozialer Unruhen. 40
Prozent der Marokkaner leben an der Armutsgrenze oder darunter. In den Städten beträgt die Arbeitslosenquote über 20 Prozent.
Von Mohammed VI. erwarten viele Marokkaner · und auch die westlichen Staaten ·, daß er den Reformprozeß, den sein Vater eingeleitet hat, weiter vorantreibt und sein Reich zu einer
konstitutionellen Monarchie hinführt.
Der Spielraum für eine solche Reform ist äußerst eng. Die Schaffung neuer Freiheiten kann zur Folge haben, daß der islamische Fundamentalismus sich wie im Nachbarland Algerien ausbreitet. Marokkos
Staatsführung ist ein kompliziertes Gebilde, ganz von Vettern- und Günstlingswirtschaft durchdrungen. Der König muß die Interessen von verschiedenen Volksgruppen, Provinzfürsten, religiösen Führern,
Politikern, Unternehmen und Gewerkschaften in Einklang bringen.