Mexiko-Stadt - Im März dieses Jahres schien zwischen Kuba und der Europäischen Union eine Ära engerer Zusammenarbeit angebrochen. Mittlerweile haben sich aber alle Hoffnungen in ihr Gegenteil verkehrt.
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Kaum drei Monate nachdem die EU-Kommission eine Verttetung in Havanna eröffnet hat, sind die Beziehungen zwischen Kuba und der EU auf einem Tiefpunkt angelangt. Schuld daran ist der Streit um die Menschenrechte. In der vorigen Woche hatte die EU Sanktionen gegen Kuba beschlossen. Es ist unter anderem vorgesehen, Politikerbesuche und den kulturellen Austausch auf ein Minimum zu beschränken. Die EU reagierte damit auf die Verurteilung von 75 Dissidenten zu hohen Haftstrafen und die Hinrichtung von drei Schiffsentführern im Schnellverfahren im April dieses Jahres. Als demonstrative Geste sollen Dissidenten an den jeweiligen Nationalfeiertagen in die Botschaften der EU-Länder in Havanna eingeladen werden.
Kubas Staatschef Fidel Castro reagierte auf die EU-Beschlüsse mit wüsten Beschimpfungen. Außenminister Felipe Pérez Roque bezeichnete die Europäer am Mittwoch als "heuchlerisch und opportunistisch". Sie seien nicht fähig, eine "eigenständige", also von den USA unabhängige Kuba-Politik zu entwickeln, sagte der Minister. Die Verurteilung der Dissidenten rechtfertigte er als "Maßnahmen, die Kuba zur Verteidigung seiner Souveränität ergreifen muss".
Denn aus Sicht der regierenden Kommunisten sind die friedlichen Regimekritiker Handlanger der USA. Sie würden von der ständigen Vertretung Washingtons in Havanna bezahlt. Da die USA schon im Irak ihre politischen Ziele rücksichtslos militärisch durchgesetzt hätten, sei auch Kuba potenzielles Ziel einer Militäraktion.
Der Vorwurf fehlender Unabhängigkeit von den USA lässt die EU kalt. Brüssel hat schon seit Mitte der 90er Jahre beharrlich, wenn auch erfolglos ein Ende der Unterdrückung Andersdenkender auf Kuba angemahnt. Konkret forderte die EU eine Reihe von Änderungen im kubanischen Strafgesetzbuch und machte von ihnen den Abschluss eines Kooperationsabkommens mit der Insel abhängig. Anderseits widersetzten sich die Europäer stets der wirtschaftlichen Blockadepolitik Washingtons. Das 1996 in Kraft getretene Helms-Burton-Gesetz, mit dem das US-Embargo gegen Kuba noch einmal verschärft wurde, löste sogar einen erbitterten Handelsstreit zwischen den USA und der EU aus.