)
In ihren Beziehungen zu Russland bewegt sich die EU in einem Spannungsfeld, das auch innerhalb der Union für Zwist sorgt.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 8 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Brüssel. Zwischen Mahnungen und Dialogbereitschaft versucht die EU eine Balance in ihren Beziehungen zu Russland zu finden. Doch das Gespräch gestaltet sich nicht einfach, und im Konflikt um die Ukraine, der unter anderem die russische Annexion der Halbinsel Krim zur Folge hatte, sahen sich die Europäer gezwungen, zum Druckmittel der wirtschaftlichen Sanktionen zu greifen. Um diese kreisen denn auch die meisten Debatten darüber, wie die Gemeinschaft ihr Verhältnis zu Russland gestalten soll. Das wurde bei einer Diskussionsveranstaltung im EU-Parlament sichtbar, zu der die Liberalen im Abgeordnetenhaus gemeinsam mit der von Michail Chodorkowski gegründeten Stiftung Offenes Russland und anderen Organisationen geladen hatten. Das Boris Nemzow-Forum war nach dem im Vorjahr ermordeten russischen Oppositionspolitiker benannt.
Einmal mehr wurde das Spannungsfeld deutlich, in dem sich die EU bewegen muss. Es wäre nämlich falsch, Russland zu verbannen und zu isolieren, befanden sowohl der frühere Oligarch Chodorkowski als auch der Liberale Fraktionsvorsitzende Guy Verhofstadt. Allerdings dürfen autoritäre Tendenzen nicht unbeantwortet bleiben. Und derzeit orientiere sich die russische Führung nicht an europäischen Werten, bemerkte Lew Schlosberg von der Oppositionspartei Jabloko.
Doch auch wenn etliche EU-Politiker dem kaum widersprechen würden, sind sie keineswegs einmütig in der Diskussion über die Konsequenzen daraus. So sind die Sanktionen gegen Russland auch innerhalb der Union umstritten. Denn nicht alle Mitglieder plädieren für harte Strafmaßnahmen, und jedes Mal, wenn über eine Verlängerung für weitere sechs Monate entschieden wird, gehen dem Zwistigkeiten voran. Noch schwieriger wird es bei Beschlüssen über neue Restriktionen. So konnten sich die Staats- und Regierungschefs bei einem Gipfeltreffen im Oktober nicht darauf einigen, zusätzliche Sanktionen gegen den Kreml wegen des militärischen Vorgehens in Syrien zu verhängen.
Umstrittene Sanktionen
Doch auch so ist die Liste der Strafmaßnahmen lang. Diese reichen von einem Waffenembargo über das Einfrieren von Vermögen oder beschränkten Zugang russischer Staatsbanken zu den EU-Kapitalmärkten bis hin zu Einschränkungen für die Krim wie Import- und Investitionsverbote oder das Verbot für Reiseunternehmen aus der EU, Tourismusdienstleistungen auf der Halbinsel anzubieten. Reisebeschränkungen gelten für rund 150 Personen und 40 Einrichtungen.
Während die osteuropäischen Staaten rund um Polen darauf pochen, die Sanktionen aufrecht zu erhalten, so lange die Friedensgespräche mit der Ukraine keine Erfolge zeigen, machen andere Länder keinen Hehl daraus, dass sie eine Lockerung oder Aufhebung der Maßnahmen lieber früher als später sähen. Ungarn gehört ebenso dazu wie Italien, Zypern oder Griechenland. Und in Österreich stellte zuletzt Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner fest, dass Sanktionen "langfristig nicht der richtige Weg" zu guten Kooperationen seien.
Doch gibt es über ökonomische Interessen hinaus, wie sie in Österreich im Vordergrund stehen, in manchen Staaten in und außerhalb der EU auch politische Beweggründe für eine engere Anbindung an Russland. Dass diese Nähe gesucht wird, zeigte sich erst vor wenigen Tagen bei Wahlen in Bulgarien und der Republik Moldau. In Sofia wird künftig der frühere Luftwaffengeneral Rumen Radew als Staatspräsident agieren, der unter anderem den Ausbau der Atomkraft mit Unterstützung Russlands forcieren möchte. Sein künftiger moldauischer Amtskollege Igor Dodon wiederum hat schon angekündigt, eine strategische Partnerschaft mit dem Kreml knüpfen zu wollen.
Auch in den EU-Kandidatenländern auf dem Westbalkan ist der russische Einfluss nicht unbedeutend. Vor allem Serbien ist um gute Beziehungen zu Moskau bemüht, hält mit Russland gemeinsame Militärübungen ab und sträubt sich dagegen, die Sanktionen der EU gegen den Kreml mitzutragen.
Moskau lehnt Strafgericht ab
Für die Serben in Bosnien-Herzegowina gibt es ebenfalls Unterstützung aus Moskau - andernfalls könnte der Präsident des Landesteils Republika Srpska, Milorad Dodik, nicht so offen gegen die Politik der EU und der USA auftreten.
Russland selbst hat damit oft auch keine Schwierigkeiten. So wendete es sich nun vom Internationalen Strafgerichtshof ab. Präsident Wladimir Putin ordnete an, die Unterschrift unter der Gründungsurkunde des Gerichtshofs zurückzuziehen. Der Vertrag wird damit nicht ratifiziert. Die Begründung aus Moskau lautet: ungerechtfertigte Anschuldigungen gegen russische Streitkräfte.