Cyril Ramaphosa galt als logischer Nachfolger von Nelson Mandela. Mit Verspätung wurde er 2018 Präsident Südafrikas. Bei den Wahlen heute, Mittwoch, will sich Ramaphosa im Amt bestätigen lassen. Ein Porträt.
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Pretoria. Er wird liebevoll "Cupcake" genannt. Törtchen - das ist der Spitzname von Cyril Ramaphosa, des amtierenden Präsidenten Südafrikas. Die Bezeichnung haben ihm seine außerehelichen Affären eingebrockt, der Legende nach ist es ein Name, den er gerne seinen Geliebten gibt.
Aber das ist nur ein kleiner Aspekt des Charakters von Präsident Ramaphosa, der am Mittwoch in gewisser Weise zum ersten Mal als Staatsoberhaupt zur Wahl steht. Denn Ramaphosa hat erst vergangenes Jahr Langzeitpräsident Jacob Zuma an der Spitze Südafrikas beerbt.
Denn nach einem erfolgreichen Misstrauensvotum musste Zuma nach neun Jahren an der Macht zurücktreten, die Regierungspartei Afrikanischer Nationalkongress (ANC) kürte daraufhin ihren Vorsitzenden Ramaphosa zum Präsidenten. Am Mittwoch wählt Südafrika ein neues Parlament, und die Abgeordneten stimmen letztlich für den Präsidenten.
Wie viel Zuma klebt noch an Ramaphosa?
Es herrscht kein Zweifel, dass es Ramaphosa wird, doch die Frage ist, ob der ANC eher 62 Prozent bekommt, wie bei den vorangegangenen Parlamentswahlen 2014 oder eher 54 Prozent, wie bei den verheerenden Gemeindewahlen 2016, als der ANC die Mehrheit in Johannesburg und Pretoria verloren hatte.
Die Frage, die sich nun die südafrikanischen Wähler stellen müssen: Kann Ramaphosa den Geist des verstorbenen Präsidenten Nelson Mandela beschwören oder klebt zuviel Präsident Jacob Zuma an ihm?
Während der 2013 verstorbene Friedensnobelpreisträger Mandela in Südafrika auf ewig als Anti-Apartheid-Ikone hochgehalten werden wird, ist Jacob Zumas Name gleichbedeutend mit Korruption und Misswirtschaft.
Die Regierungspartei ANC ist seit 25 Jahren ununterbrochen im Amt. "Das ist zu lang für jede Partei in jedem Land", schreibt das Magazin "Economist".
Die Korruption unter Zuma hat sicher auch dazu geführt, dass
die Wahlbeteiligung am Mittwoch auf einem historischen Tiefstand fallen wird. Satte zehn Millionen Südafrikaner haben sich erst gar nicht für die Wahl registriert. Und gewöhnlich werden weitere fünf Millionen aus diversen Gründen der Urnen fernbleiben. Das bedeutet, dass fast ein Drittel der potenziellen Wähler in Südafrika so desillusioniert von der Politik sind, dass sie einen Gang ins Wahllokal als nicht lohnenswert empfinden.
Südafrika ist noch immer weltweit eines der Länder mit der höchsten Ungleichheit. Doch die Verteilungsversprechen des ANC haben bisher für die breite Bevölkerung wenig Früchte getragen, dafür konnte sich eine korrupte Oberschicht - speziell unter Zuma - bereichern. War der Slogan des ANC unter Mandela "ein besseres Leben für alle", so wäre er unter Zuma wohl "ein besseres Leben für den Präsidenten und seine Kumpanen" gewesen, schreibt der "Economist".
Und dennoch: sogar das wirtschaftsliberal geprägte Magazin gibt eine klare Wahlempfehlung für den ANC-Kandidaten Ramaphosa ab, dessen Programm eher sozialistisch geprägt ist. Freilich haben in dem ANC diverse Meinungen fast des ganzen politischen Spektrums Platz. Das tut aber nichts zur Sache: Ramaphosa "ist ein ehrlicher Reformer", urteilt das Magazin. Es könnte zwar sein, dass der ANC zu korrupt ist, sodass ihn niemand mehr retten kann. Aber wenn es jemand kann, dann Ramaphosa. Südafrika könne es sich nicht leisten, dass Ramaphosa versage. Er muss in der Partei aufräumen. Dafür braucht er ein starkes Mandat. Nicht ausmalen wollen sich Beobachter die Möglichkeit, wenn Ramaphosa eine Koalition eingehen müsste. Dann könnte er wieder nicht so durchgreifen, wie es der südafrikanische Polit- und Wirtschaftssumpf nötig hätte. Wenn über Ramaphosa Elogen geschrieben werden, so darf ein Faktum nie fehlen: Das Mitflüstern des absoluten Ritterschlags. Nämlich der Umstand, dass er, Ramaphosa der Mann ist, den Nelson Mandelas wollte. Mandiba - so Mandelas Spitzname - hatte Ramaphosa als Nachfolger eingeplant gehabt.
Politpause machte ihn zu einem der reichsten Südafrikaner
Schließlich hatte Ramaphosa eine wichtige Rolle beim Ende der Apartheid gespielt. Der studierte Jurist hat die größte Minen-Gewerkschaft des Landes gegründet. Auch er war, wie Mandiba, im Gefängnis (wenn auch "nur" elf Monate am Stück in Einzelhaft - Mandela war 27 Jahre in Haft). Ramaphosa hat die Verfassung mitgeschrieben. Und Ramaphosa ist schließlich über dieselben Intrigen des ANC gestolpert, die ihn dann Jahre später wieder an die Macht gespült haben. Er hatte 1996 sämtliche Positionen im ANC niederlegt, nachdem Mandela seinen Konkurrenten Thabo Mbeki zum Vizepräsidenten gemacht hatte. Mbeki sollte später zwei Legislaturperioden lang Präsident von Südafrika sein, gefolgt von Zuma.
Ramaphosa ging in die Privatwirtschaft und wurde zu einem der reichsten Männer Südafrikas. 2017 hielt er Anteile an Mondi Packaging und an der Muttergesellschaft von McDonald’s Südafrika. Außerdem war er an Minen beteiligt, was ihm auch Kritik einbrachte, nachdem ein Streik von Minenarbeitern des Bergbauunternehmens Lonmin blutig niedergeschlagen wurde. Ramaphosa hielt Anteile an Lonmin. Trotzdem galt Ramaphosa immer als Trumpf in Südafrika. So holte ihn Zuma 2012 zurück in die Politik und machte ihn zu seinem Vize.
Dadurch konnte sich Zuma eine zweite Amtszeit sichern, wenngleich Ramaphosa damals schon mehr Stimmen auf sich vereinen konnte als Zuma.