)
Das neue Bild der Polizei.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Das war nun schon der dritte Fall, wo die Polizei in den Blickpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit geraten ist: nach der Demonstration gegen den WKR-Ball, nach der Gegen-Kundgebung zum Aufmarsch der "Identitären" nun also der flächendeckende Einsatz zur Räumung eines Hauses im 2. Bezirk. Und in allen Fällen konnte man beobachten, dass die Exekutive zunehmend martialisch auftritt. In ihren Kampfausrüstungen wirken sie wie "Cyberwarriors", so der Soziologe Reinhard Kreissl. Er nennt das eine "Militarisierung der Polizei". Die Polizei wird vom Ordnungshüter zum Kämpfer - und agiert auch dementsprechend. Höhepunkt war das schwere Geschütz - vom Hubschrauber bis zum Räumpanzer -, das gegen die 19 Punks zum Einsatz kam. Und dennoch hat dieses martialische Auftreten auch etwas von der Römertaktik bei Asterix: Es ist in seiner Stärke auch patschert. Denn es ist die völlig falsche Strategie.
Andererseits agieren sie ebenso unglaublich, wenn sie die entgegengesetzte Strategie fahren - jene der Unsichtbarkeit. Wie aufgrund einer parlamentarischen Anfrage der Grünen jetzt publik wurde, waren bei der Gegendemo zum Aufmarsch der "Identitären" nicht nur doppelt so viele Polizisten wie Demonstranten - nein, es sind darüber hinaus auch 110 Polizisten in Zivil und 37 Beamte des Verfassungsschutzes mitmarschiert. Also waren von 400 Demonstranten 147 Beamte! Die Demo war ein Betriebsausflug der Exekutive, schrieb ein Poster.
Die Militarisierung der Exekutive geht also mit ihrer Kottanisierung einher. Eine schlechte Mischung. Denn diese Mischung befördert vor allem eines: Paranoia, also die Vorstellung einer akuten Bedrohungslage. Da wird das Gegenüber als Feind wahrgenommen. Das ist die vielleicht markanteste Veränderung der Polizei: die Feindproduktion, die ihr Handeln so offensichtlich leitet. Schon geht die Rede vom Feindstrafrecht um und von einem tief sitzenden Freund-Feind Schema. Wer aber ist in diesem Schema der Feind - und wer im Umkehrschluss das "Volk", das vor eben diesem geschützt werden muss? Dies ist der heikelste Punkt der ganzen Entwicklung - denn, wenn die Exekutive zunehmend von einer selbst ernannten Freund-Feind Unterscheidung geleitet wird, wenn sie also einen Feind ausmacht, dann bedeutet dies nichts anderes, als dass die Exekutive zunehmend parteiisch agiert. Und ihr Vorgehen zeigt nur zu deutlich, wen die Polizei als Feind wahrnimmt: antifaschistische Demonstranten, linke Hausbesetzer und Journalisten (gegen die man das zur schlechten Gewohnheit werdende Platzverbot verhängt).
Parteiisch und martialisch - das ist die Botschaft, die die Polizei mit ihren Auftritten aussendet. Denn man darf nicht vergessen: Jeder Einsatz ist eine Inszenierung. Er produziert auch Bilder und weckt Assoziationen - etwa jene vom Bürgerkrieg.
Es gibt hier ein massives, doppeltes Versäumnis der Politik: Weder sucht sie Kontakt zu den Prostestierenden und deren Motivationen - was lange Zeit ein bewährtes Vorgehen war -, noch gibt es ein wirkliches Gegengewicht zu dem, was ein ideologischer Selbstlauf der Exekutive genannt werden muss. Den Demonstranten, den Antifaschisten, den linken Jungen aber tritt damit der Staat zunehmend als Repressionsapparat gegenüber. Keine gute Konstellation.