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Zwischen Mogeln und Ausschmücken: Was tun mit den Lücken im Lebenslauf?

Von Petra Medek

Wirtschaft

In Zeiten schwacher Konjunktur rutschen viele unvorhergesehen in die Arbeitslosigkeit. Je länger man ohne Job dasteht, desto größer ist die Unsicherheit bei Bewerbungen. Viele Arbeitssuchende schämen sich, ihre Zeit ohne Job im Lebenslauf anzugeben. Doch wie geht man mit dem "Loch" im curriculum vitae am besten um? Die "Wiener Zeitung" hat bei heimischen Personalberatern nachgefragt.


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Was nicht im Lebenslauf steht, zieht die Aufmerksamkeit der Personalabteilung besonders an und verleitet zum gezielten Nachfragen, meint Markus Brenner vom Personalberatungsunternehmen catro im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Er empfiehlt, auch längere Urlaube bzw. Auslandsaufenthalte "zum Selbstfindungsprozess" in den Lebenslauf aufzunehmen. "Vielleicht wird ja jemand bevorzugt, der gerade mit diesem Land Erfahrung hat", meint Brenner.

Lücken durch Arbeitslosigkeit sind für Thomas Posawetz, Senior Berater beim Personalberater Pendl & Piswanger in Wien, "kein Makel, ich finde es aber taktisch schlecht, arbeitslos wörtlich in den Lebenslauf hineinzuschreiben", sagt Posawetz. Diese Meinung teilt auch Doris Furthmayr von Jenewein & Partner. "Jetzt, wo viele teils auch sehr gut qualifizierte Menschen auf Jobsuche sind, versucht doch der eine oder andere, manche Daten zu verschönern", erzählt die Personalberaterin, bei der täglich rund 100 Bewerbungen einlangen.

So käme es schon vor, dass jemand die Zeit der Arbeitslosigkeit um ein Jahr verkürzt, indem der Bewerber angibt, bis 2003 statt wahrheitsgemäß bis 2002 beschäftigt gewesen zu sein. Darüber hinaus scheinen die ÖsterreicherInnen bei ihren Bewerbungen aber wahrheitsgetreue Angaben zu machen. Vielleicht auch deshalb, weil es unter heimischen Personalberatern üblich ist, bei den vorherigen Dienstgebern Referenzen einzuholen.

Andere Länder, andere Sitten

Dies scheint aber nicht überall üblich zu sein. In den Vereinigten Staaten ermittelt die US-Firma J. M. Werra & Partner seit dem Jahr 1995 den sogenannten "Liars Index", der angeben soll, wieviele Bewerbungen pro Jahr nicht ganz der Wahrheit entsprechen. Im vergangenen November lag der Index bei stolzen 11,2%, das heißt: 11 von 100 Bewerbern haben es bei den Angaben zu ihrer Person mit der Wahrheit nicht so genau genommen. Das berichtete der ÖPWZ-Newsletter unter Berufung auf die dpa.

So käme es laut "Liars Index" vor, dass Hochschulabschlüsse erfunden oder anders datiert oder Tätigkeiten in Vereinen vorgegaukelt würden. Vielfach würden auch freiberufliche Tätigkeiten ohne jeglichen Nachweis angeführt, um Lücken im Lebenslauf zu vertuschen.

Offenbar zeichnet sich dies vor allem bei den immer beliebter werdenden online-Bewerbungen ab. "Die Schaumschlägerei wird leichter: Insbesondere im Internet kann sich jeder optimal präsentieren", meint der deutsche Personalberater Hans-Christian von Stosch von der Stuttgarter Personalberatungsgesellschaft Dr. Heimeier & Partner gegenüber der dpa. Nach Stoschs Einschätzung enthalten etwa 10% der jährlich bei seinem Unternehmen eingehenden 10.000 Bewerbungen falsche Angaben. "Ich gehe eher skeptisch an Lebensläufe heran. Ich unterstelle bei vielen Angaben zunächst, dass sie nicht stimmen", so der Jurist, der seit 15 Jahren in der Personalberatung tätig ist.

"Die Leute schummeln in Bewerbungsunterlagen mitunter auch aus Not", räumt der deutsche Experte jedoch ein. "In Deutschland ist der Sprung vom Papier zum Gespräch eben doch entscheidend".

Dienstzeugnisse üblich

Ein Grund für die Ehrlichkeit der ÖsterreicherInnen mag auch darin liegen, dass es in Österreich im Gegensatz zu den USA üblich ist, Dienstzeugnisse bei online- wie Briefbewerbungen immer gleich beizulegen, wie Doris Furthmayr erläutert. In anderen Ländern wird schriftlichen Bewerbungen weniger Bedeutung beigemessen, vor allem in den USA zähle eine Auflistung der persönlichen Fähigkeiten mehr als ein möglichst lückenloser Lebenslauf, meint von Stosch.

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http://www.jenewein.at

http://www.pendlpiswanger.co.at