)
Im internationalen Vergleich zählt Österreichs Altersvorsorge zum Modell des korporatistischen Wohlfahrtsstaates basierend auf dem Bismarckschen Sozialversicherungsmodell. Dieses ist erwerbszentriert und berufsgruppenorientiert. Es ist auf die Wahrung sozialer Differenzierung bedacht und für Arbeiter, Angestellte, Beamte sowie für verschiedene Selbständigengruppen unterschiedlich organisiert. Die Erwerbstätigen sind relativ gut abgesichert, während jene, die im Erwerbsleben schlecht bis gar nicht Fuß fassen, wenig versorgt sind. Am ausgeprägtesten findet sich dieses Modell in Deutschland, Frankreich, Italien und eben Österreich.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 24 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Im skandinavischen Wohlfahrtsstaat, typisch für Schweden, Norwegen, Dänemark und den Niederlanden, ist der soziale Schutz umfassend und für alle Berufsgruppen einheitlich. Unabhängig von Erwerbstätigkeit, wohl aber von Staatsbürgerschaft oder Aufenthalt, hat jeder ab einem bestimmten Lebensalter Anspruch auf die öffentliche Altersversorgung.
Das liberale Modell, vorherrschend in Australien, den USA und Kanada, betont die Rolle des freien Marktes. Fast alle sozialen Leistungen sind einkommens- und/oder vermögensabhängig und relativ einheitlich. Bedürftige werden nur in jenem Ausmass unterstützt, das sie über die Armutsgrenze hebt. Es gibt einen hohen Anteil von Fürsorgeleistungen auf niedrigem Niveau.
Klar, dass diese Modelle nirgends in Reinkultur etabliert sind, tendentiell aber sind sämtliche Rentensysteme analog zu diesen jeweiligen Kriterien unterscheidbar. Um die Finanzierung der Renten nachhaltig sicherzustellen, sind nahezu alle Staaten Europas dazu übergegangen, ein Drei-Säulen-Modell aus staatlicher, betrieblicher und privater Pension aufzubauen. Die wesentlichen Unterschiede dabei sind die Geschwindigkeit, mit der der Umbau betrieben wird, das Grundmodell, von dem auszugehen ist sowie die Gewichtungen der einzelnen Säulen zueinander.
Großer Nachholbedarf
Im Unterschied zu vielen anderen EU-Staaten ist Österreich da gerade kein Vorreiterland. Zwar wurden und werden Reformschritte in Permanenz gesetzt, zumeist aber bloss innerhalb des Systems des Umlageverfahrens, also der ersten Säule. Die zweite und dritte Säule hingegen ist weiterhin unterentwickelt. Wifo-Experte Alois Guger sieht den Hauptgrund dafür in der relativ grosszügigen ersten Säule, wonach die Ersatzrate zum letzten Nettoeinkommen vor Pensionsantritt bei 76 Prozent liegt. Nach einer Studie der Weltbank aus 1994 ist Österreich das Land mit dem höchsten Anteil der öffentlichen Pensionen am Bruttoinlandsprodukt.
Beim Forum Alpbach kamen internationale Experten ebenfalls zu dem Schluss, dass Österreich in Bezug auf die Entwicklung der Betriebspensionen und individuellen Vorsorgemodellen grossen Nachholbedarf hat. So beziehen die Schweizer Rentner beinahe 60 Prozent ihrer Beträge aus einer der beiden Quellen, die niederländischen Pensionisten etwa 50 Prozent, in Österreich sind es weniger als 15 Prozent. Und der Internationale Währungsfonds (IWF) hat erst kürzlich in seinen Untersuchungen Österreich weitere Einschnitte im Pensionssystem empfohlen. Drohe doch ohne Gegensteuerung eine Ausgabensteigerung um 4,5 Prozentpunkte des BIP bis zum Jahr 2030.
Gespeist wird der Pensionsversicherungstopf der unselbständig Erwerbstätigen mit einem Pensionsbeitrag von 22,8 Prozent (50 zu 50 Arbeitgeber-, Arbeitnehmeranteil) bis zur Höchstbeitragsgrundlage von derzeit S 43.200.-. Die Beiträge zu den Pensionsversicherungsanstalten der Selbständigen machen für gewerblich und freiberuflich Selbständige 14,5 Prozent und für Bauern 13,5 Prozent aus. Zu den Beiträgen der Versicherten kommen Beiträge aus dem Bundesbudget, die 1996 inklusive der Ausgleichszulagen immerhin 27,4 Prozent der Ausgaben der Pensionsversicherung erreichten. Für die Ruhebezüge der Beamten gaben die Gebietskörperschaften 1996 rund 102 Milliarden Schilling aus, finanziert durch 11,75prozentige Arbeitnehmerbeiträge und öffentliche Budgets. Insgesamt müssen bereits 45 Prozent aller öffentlichen Pensionen über Budgetzuschüsse gedeckt werden - das sind rund 170 Milliarden Schilling.
Auch wenn hierzulande bereits vielerlei Elemente in Richtung Drei-Säulen-Modell entweder bereits umgesetzt sind oder angepeilt werden, in der Präzisierung dieses künftigen Finanzierungsmodells unterscheiden sich die vier im Parlament vertretenen Parteien doch sehr wesentlich. So etwa hat die FPÖ bereits ein detailliertes Gesamtkonzept vorgelegt, wovon sich etliche Teilbereiche im Regierungsprogramm der ÖVP-FPÖ-Koalition niedergeschlagen haben.
Grundprinzip der FPÖ-Version ist eine langsame, stetige Kürzung der Leistungen aus dem Umlageverfahren, die durch den gleichzeitigen Ausbau einer zweiten Säule, beruhrend auf dem Kapitaldeckungsverfahren, abgefangen werden soll.
SÄULE EINS ist eine Basispension für alle Erwerbstätigen, nicht hingegen eine für alle BürgerInnen - wie dies in einigen anderen europäischen Staaten systemimmanent ist. Diese, finanziert durch das Umlageverfahren, soll nur mehr der Grundabsicherung des Alters dienen und sicherstellen, dass auch in den unteren Einkommensgruppen eine Pension erreicht wird, die eine "gesicherte, über dem Existenzminimum liegende Lebensführung ermöglicht" (ao das freiheitliche Pensionsmodell).
Grundabsicherung
Sämtliche bisherigen beitragsfreien Zeiten würden dabei von den jeweiligen Budgets finanziert werden, sämtliche Erwerbseinkünfte mit einem niedrigeren Beitragssatz zur Beitragsleistung herangezogen und die Höchstbeitragsgrundlage des Arbeitnehmeranteils der Pensionsbeiträge würde aufgehoben werden. Dadurch könnten, so die Autoren des Pensionspapieres, auch Bezieher niedriger Einkommen in die zweite Säule nach dem Kapitaldeckungsverfahren investieren.
Die Pensionsbemessungsgrundlage hingegen würde eingefroren und damit tendenziell sinken, womit der Charakter einer Grundabsicherung erzielt wäre.
SÄULE ZWEI ist jene der Pensionskasse, ein System der ebenfalls verpflichtenden aber betrieblichen Altersvorsorge, "zu dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer beitragen", heisst es im FP-Text. Einziges Detail dazu ist die Anmerkung, dass in diese Säule die künftigen Abfertigungsansprüche eingebracht werden sollen, woraus sich eine laufende Beitragsleistung von vier Prozent des Erwerbseinkommen ergäbe. Diese Gelder sowie weitere freiwillige Beitragsleistungen sollen nach dem Kapitaldeckungsprinzip veranlagt werden, womit der Rückgang der Leistungen der ersten Säule ausgeglichen wäre.
SÄULE DREI soll die Eigenvorsorge forcieren - etwa durch steuerliche Entlastungen bei der Prämienzahlung für Lebensversicherungen. Auch soll die Einschränkung der Absetzmöglichkeiten für Lebensversicherungen bei der Lohn- und Einkommensteuer rückgängig gemacht werden. Und was die Flat Tax angeht: "Im Falle der Umsetzung wäre jedem Steuerpflichtigen eine entsprechende Eigenvorsorge aufgrund der dadurch bewirkten Steuerersparnis möglich". Maßgeblicher Ratgeber für das FP-Modell war der Versicherungsmathematiker Robert Holzmann, Mitglied der Weltbank, der die Drei-Säulen-Modelle für einige EU-Kandidatenländer wie Ungarn, Polen etwa ausgearbeitet hat. Holzmann ist Verfechter des Kapitaldeckungsverfahrens und gibt dem Umlageverfahren "keine Zukunft". Weshalb die Freiheitlichen mit Blick auf ihr Modell betonen, man sei Holzmann "weitgehend" gefolgt.
300.000 Anwartschafts- und Leistungsberechtigte
Auch die ÖVP diskutiert die zweite und dritte Säule, wobei Säule zwei ja schon während der rot-schwarzen Koalitionen mit der Verabschiedung des Betriebspensions- und Pensionskassengesetz 1990 in Angriff genommen worden ist. Standen die betrieblichen Pensionskassen zu Beginn nur Beschäftigten in der Wirtschaft offen, gibt es mittlerweile auch Lösungen für Vertragsbedienstete in der Verwaltung und für Beamte. Heuer wird die Zahl der Anwartschafts- und Leistungsberechtigten an die 300.000er Marke stossen. Bis 1999 stiegen die Beiträge auf 25,6 Milliarden Schilling. An Leistungen wurden im Vorjahr 3,1 Milliarden ausgezahlt. Das verwaltete Vermögen wid heuer auf 120 Milliarden Schilling steigen. Im Gegensatz zum FP-Modell sind die Pensionskassen nicht verpflichtend, sie werden von ÖVP und Wirtschaftskammer nicht als Ersatz, sondern als freiwillige Ergänzung zur ASVG-Pension verstanden.
11 Prozent kommen aus der zweiten Säule
Derzeit kommen rund elf Prozent der Renten aus der zweiten Säule. Anzustreben sei langfristig, so der Pensionskassenexperte in der Wirtschaftskammer, Dietmar Neyer, dass nur noch 70 Prozent aus der gesetzlichen und 30 Prozent aus ergänzenden Vorsorgesystemen kommen. Angestrebt wird zudem, dass Pensionskassenlösungen im Kollektivvertrag enthalten sind und dass Arbeitnehmerbeiträge sowie jene, die die Unternehmer für sich selbst leisten, als Anreiz steuerfrei bleiben. Erst die Rente soll dann voll besteuert werden.
Im Rahmen der dritten Säule - private Vorsorge - wird die staatliche Förderung für bestimmte Produkte auf rund zehn Prozent ansteigen. Ab kommenden Jahr erhalten Bausparer und jene, die eine staatlich geförderte Pensionsvorsorge abschliessen eine Prämie von 4,5 Prozent im Jahr. Derzeit sind es 3,5 Prozent. Dazu kommt der Bonus von 750 Schilling, der für die maximal geförderte Prämie von tausend Euro (S 13.760.-) rund 5,5 Prozent beträgt. Zuflüsse dieser Pensionsvorsorge, die später lukriert werden, sind steuerfrei. (Wird fortgesetzt)