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Reparaturversuche am deutsch-französischen Verhältnis.
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Berlin. (reu) Wer Delphine Batho und Peter Altmaier auf dem geblümten Sofa in Altmaiers Wohnung in Berlin nebeneinander sitzen sah, kam nicht unbedingt auf die Idee, dass so der neue deutsch-französische Motor aussehen könnte. Die zarte Sozialistin und der mächtige CDU-Politiker wirkten eher wie personifizierte Gegensätze. Aber beide Umweltminister wollen jetzt die Energiewende und den Klimaschutz zu einem deutsch-französischen Gemeinschaftsanliegen machen. "Das ist das emotionalste gemeinsame Projekt seit langem", begeisterte sich Altmaier. "Früher hatten wir den Airbus und die Ariane-Rakete, nun braucht es ein neues Großprojekt."
Das Ziel des gemeinsamen Auftritts war eindeutig. Es sollte signalisieren, dass beide Regierungen sehr wohl miteinander können. Die Berichterstattung über ein Papier der Parti socialiste (PS), in dem Merkel und Deutschland Ende April für die Sparpolitik in Europa überaus hart attackiert worden waren, hatte beide Seiten verschreckt. "Ein schwerer Fehler", räumte danach Batho ein. Und der Präsident, der sich über den Vorwurf echauffierte, er warte nur auf eine Abwahl Merkels im September, bemühte sich nun darum, mit der Kanzlerin die Positionen für den EU-Gipfel abzustimmen.
Ein Jahr nach seinem Amtsantritt scheint Hollande entschieden zu haben, dass das bilaterale Verhältnis nicht mehr von den Verstimmungen im französischen Präsidentschaftswahl 2012 belastet sein darf. Die Umfragen, die nun eine Wiederwahl Merkels nahelegen, dürften das Umdenken im Élysée-Palast beschleunigt haben. Zudem kam Berlin Paris in einer für Hollande wichtigen Frage entgegen: Es räumte Frankreich zwei Jahre mehr Zeit zur Reduzierung des Haushaltsdefizits auf den EU-Grenzwert ein. Zudem vermied die Bundesregierung trotz ausbleibender Reformen und Frankreichs steigender Verschuldung, Paris öffentlich zu maßregeln. Dabei wäre dies verlockend. Frankreich eignet sich mit seiner sozialistischen Regierung und den Steuererhöhungen aus Sicht der Union als Vorlage, um im Bundestagswahlkampf die Schrecken einer rot-grünen Regierung auszumalen. Aber Merkel gab eine klare Parole aus: Deutschland braucht ein starkes Frankreich, muss eher zu Reformen ermutigen als innenpolitisches Kapital aus den französischen Problemen zu schlagen.