Wahlkampf der Grünen in Eisenstadt. | Spitzenkandidat Michel Reimon wirbt mit seiner privaten Telefonnummer. | Eisenstadt. Die Wahlkämpfer sind da. Nur der Spitzenkandidat fehlt. Das ist wohl mit ein Grund, warum der Stimmenfang der burgenländischen Grünen im Einkaufszentrum Eisenstadt an diesem Nachmittag nicht so richtig ins Rollen kommen will. Die grünen Freiwilligen vertreiben sich die Wartezeit mit dem Verteilen von Flugzetteln und gerösteten Sojabohnen. Aber das Interesse der Eisenstädter im Einkaufsstress hält sich in Grenzen.
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So meint eine ältere Dame, die gerade mit einem "Klima-Verkehr-Quartett" ausgestattet wurde, sie werde am 30. Mai ÖVP wählen - "weil es genug ist mit der absoluten Mehrheit der SPÖ". Mehr Glück haben die Grünen bei einer jüngeren Dame. Sie nimmt die Sojabohnen, weist aber das Werbematerial zurück: "Grün wähl ich sowieso."
Und dann endlich - mit mehr als einer Stunde Verspätung - trudelt Spitzenkandidat Michel Reimon ein. Eine Pressekonferenz mit seinem Parteifreund, dem oberösterreichischen Landesrat Rudolf Anschober, hat ihn aufgehalten.
Nicht nur von den Helfern wird Reimon freudig empfangen. Ein Geschäftsmann erklärt, er sei zwar "von der Grundeinstellung her ein Konservativer", aber er werde Grün wählen. Denn mit Reimon hätten die Grünen "endlich einen, der Konsens ausstrahlt". Den ÖVP-Spitzenkandidaten Franz Steindl kenne er zwar gut - "aber seine Politik ist eine Katastrophe".
Mittlerweile hat sich auch die Konkurrenz im Einkaufszentrum niedergelassen. Direkt gegenüber des grünen Wahlkampfstandes verteilt die SPÖ Luftballons und Flyer.
Drittes Mandat imLandtag als Wahlziel
Die Grünen glauben, dass die Roten nur hierher gekommen sind, um ihnen die Show zu stehlen. Nichtsdestotrotz ist das Verhältnis kollegial - man grüßt einander freundlich, Jugendkandidatin Julia Tinhof schäkert gar kurz mit einem SPÖ-Freiwilligen.
Tinhof ist die Kandidatin für das Wackelmandat. Kamen die Grünen 2005 auf 5,2 Prozent der Stimmen und zwei Mandate, so sollen es heuer drei werden, sagt Reimon. Und eben dieser dritte Landtagssitz ist für die 23-jährige Studentin reserviert, die heute mit grün verpackten Kondomen auf Wählerfang geht.
Zwei junge Mädchen zeigen sich erfreut über das präventive Präsent - nachdem sie sich bei den Roten einen Luftballon abgeholt haben. Dennoch: "Ich finde, wir werden zu sehr mit Wahlwerbung bombardiert", sagt die eine. "Wenn ein Politiker den Mund aufmacht, dann höre ich die Musik vom Kasperl", die andere. Die beiden 19-Jährigen wollen weißwählen, "damit die wenigstens wissen, dass es nichts Gescheites gibt in der Regierung".
So richtig anziehen will der Wahlkampf der Ökopartei auch am späteren Nachmittag nicht. Reimon muss auch schon wieder weg - zu einer internen Sitzung.
Aber für seine Wähler ist er immer erreichbar: Unter dem sonst nur aus nächtlichen Sportkanal-Sendungen bekannten Motto "Ruf! Mich! An!" hat der Ex-Journalist seine private Handynummer auf Plakate und Flyer drucken lassen. Rund drei Anrufe erhalte er da pro Tag, manchmal wollten die Anrufer nur wissen, ob er wirklich selbst abhebe, manchmal aber auch über Öko-Themen plaudern. Ob das für drei Mandate reicht, wird der Wahltag zeigen.