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Zwischen Solidarität und Mittelfinger

Von Katrin Pointner

Politik

Kritik an Asylpolitik der Regierung - 100 rechte Gegendemonstranten und angespannte Stimmung.


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Traiskirchen. "Muslime und Flüchtlinge willkommen!", stand auf den Plakaten der Demonstranten, die sich am Sonntag vor dem Erstaufnahmelager in Traiskirchen versammelten, um gegen die unmenschlichen Zustände im Flüchtlingslager zu demonstrieren. Laut dem Veranstalter, der Österreichischen Hochschülerinnenschaft  (ÖH), nahmen rund 500 Menschen an der Demonstration teil, Flüchtlinge und Österreicher. Die ÖH war es auch, die trotz des vom Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler (SPÖ) geforderten Demonstrationsverbots, eine rechtmäßige Anmeldung der Kundgebung erwirken konnte. Auch 100 Gegendemonstranten hatten sich am Bahnhof eingefunden. Sie schwenkten die Österreich-Fahne und bekundeten ihren Unmut durch Buh-Rufe und ausgestreckten Mittelfinger. Dennoch verlief die Kundgebung weitgehend friedlich, bis auf einige kurze Schreckmomente, in denen die Polizei sofort einschritt.

Der Obmann der Organisation "Asyl in Not", Michael Genner, richtete zu Beginn der Kundgebung einige Worte an die Demonstranten und wies auf die Unmenschlichkeit hin, mit der im Fall Traiskirchen agiert würde. Die Schuld an den chaotischen Zuständen im Flüchtlingslager sieht er auf politischer Ebene: Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) würden nicht genügend unternehmen um eine menschenwürdige Unterbringung der Schutzsuchenden zu ermöglichen.

Genner: Abschreckungstaktik des Innenministeriums

"Hoch die internationale Solidarität", beendete Genner seine kurze Ansprache. Im privaten Gespräch fand er klare Worte für die Asylpolitik Österreichs: "Es soll den Leuten nicht gut gehen." Die unmenschlichen Zustände in Traiskirchen bezeichnet er als willentlich herbeigeführt.  Er vermutet eine Abschreckungstaktik des Innenministeriums, um die Attraktivität Österreichs für Flüchtlinge zu mindern. "Wir hoffen trotzdem dass es besser wird", resümierte Genner mit einem schwachen Lächeln.

Bereits während der ersten Minuten der Veranstaltung, kam es zu lauten Zwischenrufen vonseiten der Gegendemonstranten, darunter einige bekannte Gesichter der rechtsradikalen Gruppierung "Die Identitären". Buhrufe wurden kombiniert mit Parolen, die meist bloß aus einem Wort bestanden: "Österreich". Auf der anderen Seite der Polizeiabsperrung, die im Laufe des Nachmittags errichtet wurde, schlugen die Demonstranten andere Töne an: "No border, no nation, Stop deportation."

"Wir sind keine Tiere"

Eine bemerkenswerte Tatsache stellte die starke Beteiligung von Flüchtlingen an dem Demonstrationsgeschehen dar. Betroffene, die am eigenen Leib die umstrittene Asylpolitik erfahren mussten, ergriffen selbst das Wort. "Wir sind keine Tiere. Wir sind Menschen. Warum behandelt ihr uns so?", war unter anderem von den Demonstranten zu hören. Die Stimmung war angespannt. Die Einsatzkräfte der Polizei hatten vor allem damit zu tun, die teilweise aggressiv agierenden rechten Gegendemonstranten von den regulär Demonstrierenden fernzuhalten. Während die Menschenmassen am Erstaufnahmezentrum und dessen Bewohnern vorbeizogen, war jedoch eine Parole, die mit Abstand am häufigsten verwendete: "Say it loud. Say it clear. Refugees are welcome here."