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Zwischen Strenge und Barmherzigkeit

Von Heiner Boberski

Politik

Bei mehr als jeder dritten Eheschließung in Österreich lautet der Familienstand eines Ehepartners "geschieden". Die wachsende Zahl wiederverheirateter Geschiedener beschäftigt vor allem die römisch-katholische Kirche, in der diese Menschen vom Kommunionsempfang ausgeschlossen sind.


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Die Frage des Umgangs der Kirche mit wiederverheirateten Geschiedenen sei "kein Medienthema, sondern ein pastorales Thema", erklärte Erich Leitenberger, Pressesprecher des Wiener Erzbischofs, Kardinal Christoph Schönborn, auf Anfrage der "Wiener Zeitung". Man werde in Österreich sicher keinen Sonderweg beschreiten, sondern im Einvernehmen mit der Weltkirche handeln.

Die Ankündigung von Kardinal Schönborn, den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen zu überdenken, sieht Leitenberger auf jener Linie, die Schönborn nach dem Tod von Bundespräsident Thomas Klestil angesprochen habe: Es gehe um "den notwendigen Schutz der Ehe einerseits und die Barmherzigkeit mit menschlichem Scheitern andererseits". Vor allem in den Dekanatskonferenzen werde eine möglichst einheitliche Vorgangsweise diskutiert, nämlich eine verstärkte seelsorgliche Begleitung. Eine "Generalregel" sei unwahrscheinlich.

Auch der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner bewertete Schönborns Aussagen als "nichts Neues". Es laufe bereits eine Ausbildung der Seelsorger in der Erzdiözese Wien, man wolle das aber nicht an die große Glocke hängen, sondern in Ruhe und auch abseits von Rom entwickeln.

Papst Johannes Paul II. sei, so Zulehner, "eher streng" in dieser Frage. Sein Lehrschreiben "Familiaris consortio" von 1981, das Kirchenrecht und der Katechismus betonen, dass wiederverheiratete Geschiedene vom Kommunionempfang ausgeschlossen sind, es sei denn, sie verpflichten sich zur Enthaltsamkeit von sexuellen Akten.

Wie sehr die Problematik zunimmt, zeigt die Statistik: 2003 waren an 13.711 Eheschließungen Geschiedene beteiligt.