Am Freitag Nachmittag war Ferienbeginn für die Abgeordneten zum Nationalrat. Ihre Kollegen in der Regierung müssen sich noch einige Tage gedulden: Dienstag und Mittwoch kommender Woche steht noch eine Regierungsklausur in Eisenstadt auf dem Programm. Dort bietet sich auch die Gelegenheit, auf das erste gemeinsame Halbjahr in der großen Koalition Neu - so verbrämten SPÖ und ÖVP ihr neuerliches Zusammengehen bei der Angelobung am 11. Jänner rhetorisch - anzustoßen. Tatsächlich kann diese Partnerschaft wohl noch auf absehbare Zeit jeden noch so geringen Anflug öffentlich demonstrierter Zweisamkeit gut gebrauchen.
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Daran ändert auch die strukturelle Unfähigkeit der österreichischen Politikvermittlung nichts, mit Konfliktsituationen angemessen umzugehen. Jede Debatte über verschiedene Wege zum gleichen Ziel führt zwanghaft zur eindimensional wiederkehrenden Schlagzeile Streit in der Koalition. Tendenziell hat die ÖVP in dieser schlichten Weltsicht als "BlockiererPartei" die schlechteren Karten.
Umgekehrt erschöpft sich die Kommentierung der Ereignisse in Schlagwort vom "Umfallen". Hier hat man ganz eindeutig die Kanzlerpartei im Visier. Und wer die jüngste "Packelei" verdammt, will SPÖ und ÖVP gleichermaßen in ein unvorteilhaftes Licht rücken.
Die nüchterne Faktenlage lässt für derlei Aufgeregtheiten kaum Platz. Nett, dass sich die Regierung auf Klassenschülerhöchstzahlen, die Abschaffung schulfester Lehrerstellen, Handy-TV oder die Novelle der Agrar-Marktordnung verständigt. Solche Themen sind die Mühen des Regierungsalltags, aber sicher kein Beweis, dass Rot-Schwarz einen gemeinsamen Plan für eine bessere Zukunft hat. Die Einführung der Mindestsicherung ist da sicher von einem anderen Kaliber - hinge ihre Finanzierung nicht völlig in der Luft.
Gesunder Realitätssinn eint beide Parteien, wenn es darum geht, Gebühren und Steuern zu erhöhen. Der Gordische Knoten Bundesstaatsreform, der allein Einsparungen in Milliardenhöhe verspräche, bleibt wohl noch auf Jahrzehnte fest geknüpft. Und die öffentliche Hand braucht nun einmal mehr Geld für Gesundheit, Klima, Pflege, Verkehr etc.
Apropos Pflege: Ein Musterbeispiel, wie moderne Politik Probleme erst schafft und dann nur halbherzig zu lösen imstande ist. Mittelfristig führt wohl - angesichts der demografischen Entwicklung - kein Weg an einer Pflegeversicherung vorbei, nur sagen will das aber noch kaum jemand.
Die erste Bilanz von SPÖ und ÖVP fällt daher in Summe so aus, wie man es von einer anachronistisch gewordenen Regierungskonstellation, wie sie die große Koalition nun einmal darstellt, erwarten konnte: Mittelmäßig.
Die vielbeschworenen großen Würfe werden deshalb auch künftig auf sich warten lassen. Es sei denn, es geschieht ein Wunder.