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Zwischen verzerrten Stereotypen liegt die Chance einer neuen Geographie

Von Walter Hämmerle

Politik

Von der viel zitierten "Insel der Seeligen" über ein "Land der unverbesserlichen Gestrigen" bis hin zum "brückenbauenden Staat im Herzen Europas" reichen die Stereotypen über Österreich. Eine Podiumsdiskussion mit den beiden Wien-Korrespondenten von "Le Monde" und "Neue Zürcher Zeitung", Joelle Stolz und Charles E. Ritterband, versuchte sich am Donnerstagabend dem "Sonderfall Österreich" anzunähern.


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Ein Land, das "immer noch versucht, sich an sich selbst zu gewöhnen": Für den langjährigen Auslandskorrespondenten der "NZZ" spukt hierzulande in den Köpfen vieler Menschen nach wie vor die Erinnerung an die Monarchie herum. Ritterband ortet aber auch ein "gewisses Unwohlsein mit sich selbst", das er darauf zurückführt, dass das Land zu den jüngeren Demokratien zähle und eine tatsächliche Bewährungsprobe ihrer Institutionen noch ausstehe.

Beim Thema "Sonderfall Österreich" durfte natürlich auch die Rolle der FPÖ und die Zeit der Sanktionen der EU-14 gegenüber Österreich nicht fehlen. Dass es damals zu einer solchen "Eskalation der Gefühle" gekommen ist, sieht Stolz in einem Zusammenhang mit dem aufgrund der "Waldheim-Affäre" veränderten und verzerrten Österreich-Bild in den Medien. Die Ereignisse im Februar 2000 hätten daraufhin in Frankreich wie ein Schock gewirkt, so Stolz im Rückblick auf diese Zeit.

Das oftmals von Klischees verzerrte Österreich-Bild im Ausland, sieht der Medienmensch Ritterband in einem grundsätzlichen Problem der Informationsvermittlung durch die Medien begründet: "Wir liefern gerne Klischees, kritisieren Klischees und zensurieren sie." Mit den selben Problemen habe aber jedes kleine Land zu kämpfen. Dennoch gibt Ritterband zu bedenken: "Wenn man sich als Kitschnation verkauft, kommt auch Kitsch zurück."

In der Erweiterung der Union sehen sowohl Stolz als auch Ritterband eine historische Chance für den Kontinent. Durch den Beitritt von Nachbarn öffnet sich für das Land eine "neue Geographie des Raumes", so Stolz. Für Ritterband bleibt abzuwarten, ob sich dadurch auch die Mentalität der Menschen ändern wird.