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Zwischen Wald, Walzer und Wackelpudding

Von Bettina Figl

Politik

Schulbesuch des Kanzlers: Lehrerdienstrecht war erneut Thema.


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Wien. Einmal mit Bundeskanzler Werner Faymann und Bildungsministerin Claudia Schmied Schulbank drücken: Sollte dies je ein Traum der Schüler der Ganztagsvolksschule Neubau in der Zieglergasse gewesen sein, ging er am Mittwoch unter großem Medienaufgebot in Erfüllung. Doch es dürfte ihnen ohnedies nicht an Abwechslung fehlen. Ob Walzer, Museumsbesuch und Ausflug in den Wald: Einmal pro Woche haben die Schüler der Volksschule Zieglergasse geblockt Freizeit, in vier Stunden gehen sich auch zeitaufwendigere Aktivitäten aus, und ab und an findet sich Wackelpudding am Menüplan.

Der Unterricht beginnt um 8 Uhr und endet um 15.30 Uhr, anders als in anderen Ganztagsschulen findet in der Schule in Wien-Neubau "verschränkter" Unterricht statt: Nachmittags wird also nicht nur Betreuung angeboten, sondern auch unterrichtet. Das hat fast schon Exotenstatus: Während österreichweit 17 Prozent aller Schulen Ganztagsschulen sind, werden nur knapp fünf Prozent aller Schüler verschränkt unterrichtet. Auch Faymann sagte bei seinem Besuch, dies sei "ein bisschen wenig", er führt dies auch auf "Vorurteile" der Eltern zurück: Viele wollen sich nicht die Flexibilität nehmen lassen, ihre Kinder bereits mittags von der Schule abzuholen. Dabei biete die Ganztagsschule viele Vorteile, betont der Kanzler: "Eltern müssen sich keine teuren Nachhilfelehrer leisten, wenn das Kind nach Hause kommt, ist die Aufgabe schon gemacht." Und das betrifft fast alle Eltern: 90 Prozent der Eltern pauken mit ihren Volksschulkindern, wie eine am Mittwoch präsentierte Studie der Arbeiterkammer zeigt. 81 Prozent der Eltern helfen ihren Kindern zumindest ab und zu bei der Hausübung, in der Oberstufe sind es 58 Prozent. Insgesamt sind 21 Prozent der Schüler auch Nachhilfeschüler, im Schnitt kostet das jeder Familie rund 680 Euro jährlich.

Neue Ganztagsschule und Fledermäuse im Alsergrund

Ab 2015 pumpt die Regierung mehr Geld in den Ausbau der Ganztagsschulen: Mit 160 Millionen Euro pro Jahr werden die Mittel verdoppelt, das Ziel lautet: 30 Prozent der Kinder sollen ab dem Schuljahr 2018/2019 eine Ganztagsschule besuchen. Dies erfordert meist den massiven Umbau der Schulgebäude. Mitten in den Planungsarbeiten steckt die "Schule im Park" in der Währinger Straße 43. Die Volksschule neben dem Arne-Carlsson-Park in Wien-Alsergrund soll zu einer von elf als "Campus Schulen" geplanten Wiener Ganztagsschulen werden. Zwar ist sie ist mit ihrem angedockten Kindergarten bereits jetzt eine Art Campus, doch ausgerechnet für diesen bedeutet das Projekt das Aus: Zum großen Ärgernis der betroffenen Eltern siedelt der Kindergarten im Herbst 2013 in die Lustkandlgasse 50. Wann der Baustart der Ganztagsschule ist, liegt aber noch in den Sternen, da bisher nicht geklärt werden konnte, wohin mit den Schülern während der Bauarbeiten: Als mögliche Standorte für die Container-Klassen sind das Alte AKH, der Arne-Carlsson-Park oder der Votivpark im Gespräch, sagt Sascha Göbel, Büroleiter des Bezirksvorstehers in Wien-Alsergrund, zur "Wiener Zeitung". Der Umbau kostet der Stadt Wien knapp 10 Millionen Euro, inklusive Aufwand für den Ersatzstandort und die moderne Ausstattung: Tablets für jede Klasse, Blindenleitsystem, Solaranlagen und sogar Schlafplätze für Fledermäuse am Dachboden sind geplant.

Eltern bemängeln unterdessen, in die Entscheidung der Umwandlung in eine verschränkte Ganztagsschule nicht eingebunden worden zu sein - "noch nicht", heißt es aus der zuständigen Abteilung der Stadt Wien. Doch auch die Schule in Neubau könnte mehr Platz gebrauchen, es werden Hausübungen auch im Spielraum oder hinter Raumteilern am Gang erledigt. Dass ausgerechnet hier die Werbetrommel für die Ganztagsschule gerührt wird, ist aber kein Zufall: Der Schule, die seit 30 Jahren ganztägig geführt wird, eilt ihr guter Ruf voraus, und Direktorin Beatrix Handschmann berichtet, sie müsse Interessenten regelmäßig absagen.

OECD: "Bei der Arbeitszeitder Lehrer gibt es noch Luft"

Auch bei seinem Schulbesuch kam Kanzler Faymann nicht umhin, über das Lehrerdienstrecht zu sprechen. Er sagte, er hoffe auf eine Einigung vor der Wahl, versprechen könne er es aber nicht. Zuletzt hatte sich in der Causa Vizekanzler Michael Spindelegger eingeschaltet, er will heute mit der Gewerkschaft und Finanzministerin Maria Fekter Gespräche führen. Ein Knackpunkt ist die Arbeitszeit, die laut Regierungsvorschlag auf 24 Stunden pro Woche erhöht werden soll, Spindelegger will 26 Stunden. Davon sollen zwei Drittel in der Schule und ein Drittel zu Hause verrichtet werden, damit würde auch die Vorbereitungszeit aufscheinen.

Im ORF sagte OECD-Bildungsdirektorin Barbara Ischinger: "Es gibt noch Luft, den Stundeneinsatz für Lehrer anzuheben." Präferenz für ein Modell wollte sie nicht nennen, da dies im Zuge der am Dienstag präsentierten OECD-Studie nicht untersucht wurde, aber: "Wenn gewünscht, können wir uns mit den Einzelheiten noch befassen." Das Angebot wird das Bildungsministerium wohl nicht annehmen: Auf Anfrage heißt es aus dem Büro der Unterrichtsministerin Schmied, die Stunden würden weiterhin nach Unterrichtszeit berechnet.