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Digitalisierung ist eine Voraussetzung dafür, dass Österreich wettbewerbsfähig bleibt. Es scheitert die innovativste Technik hierzulande aber allzu oft am menschlichen Faktor.
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Österreich steckt- wieder einmal und weiterhin - Milliarden an Euro in den Ausbau der Telekommunikationsinfrastruktur. "Insgesamt gab der Öffentliche Sektor 2020 für IT 2,2 Milliarden Euro aus, davon etwa ein Drittel durch den Bund. Diese Summe soll bis 2024 auf 3 Milliarden Euro wachsen, was einem Anstieg um 36 Prozent entspricht", erklärte Michael Zettel, Vizepräsident der IOÖ und Country Managing Director von Accenture Österreich, am Montag bei einer Pressekonferenz am IKT-Konvent in Wien.
Diese gigantischen Summen sollen, insbesondere im ländlichen Raum, Glasfaser-Infrastruktur aufstellen - die dann allerdings laut Telekom-Betreibern von 3 über Magenta bis A1 viel zu wenig genutzt wird, um rentabel zu sein.
Fataler Bildungsmangel
Tatsächlich hakt es in der Alpenrepublik nämlich an ganz anderen Dingen, und zwar an der notwendigen Bildung. Denn während die Unternehmen von Cloud-Services, digitalisierten und
damit schlankeren und schnelleren Verwaltungsprozessen sowie Künstlicher Intelligenz sprechen, fehlen die entsprechend ausgebildeten Menschen, die diese Technik mit Leben erfüllen und erfolgreich weitervermitteln.
Gerade im schulischen Bereich sind die Mängel zwar evidenter denn je, werden aber nicht behoben. Nach zwei Jahren Pandemie fehlt es nach wie vor an digitalen Kompetenzen beim Lehrkörper, obwohl dieser nun Digitale Grundbildung als Schulfach für die dringend gesuchten Fachkräfte von morgen unterrichten soll.
So mancher Zuhörer beim IKT-Konvent, der auch Elternteil ist, konnte darüber nur den Kopf schütteln. Lösungen wurden von den Vertretern der einschlägigen Ministerien nämlich hierzu keine präsentiert, vielmehr eine Exit-Strategie für demotivierte Lehrer gefordert.
Auch die Universitäten beklagen mittlerweile strukturelle und damit auch finanzielle Mängel. Denn obwohl es ausreichend Informatik-Studenten in Österreich gäbe, schließen viel zu wenige von ihnen das Studium ab. Grund: Das Verhältnis zwischen Lehrenden und Studierenden passt nicht. Anna Steiger, Vizerektorin der TU Wien, formuliert es knapp: "Wir brauchen mehr Geld für Professoren, hier wäre mehr drin!"
All diese Missstände münden in einen massiven Fachkräftemangel im Land, der so manches IT-Projekt verhindert und kreative Start-ups abwandern lässt, was sich wiederum auf den gesamten Wirtschaftsstandort Österreich auswirkt.
Teure Spätfolgen
Die Spätfolgen sind teuer und beschäftigen letztlich den Staat als Gesamtes: "Österreich ist ein Land des Mittelstandes, genau dort müssen auch die digitalen Kompetenzen gefördert werden", meint dazu Wilhelm Petersmann, Chef von Fujitus Österreich und Schweiz. Größere Unternehmen könnten es sich leisten zu investieren, die KMUs hingegen bräuchten dringend Hilfe zur digitalen Transformation. Hier müssten nun öffentliche Förderungen ansetzen, man müsse proaktiver handeln, um das Schlimmste zu verhindern - das Zurückfallen im internationalen Wettbewerb.
Es scheitert jedoch offenbar an den Zuständigkeiten. So meint etwa Georg Serentschy, Unternehmensberater und ehemaliger Chef der Regulierungsbehörde RTR: "In Österreich ist Digitalisierung ein Waisenkind, das von Pflegeeltern zu Pflegeeltern abgeschoben wird." In Verbindung mit föderaler Zersplitterungen sowie viel zu breitflächigen Förderungen sei das eine "toxische Kombination".
Jene Firmen, die mit ihren Projekten in Verzug geraten, weil sie nicht genügend digital gebildete Mitarbeiter zur Verfügung haben, bezahlen dafür zwar als Erste die Rechnung. Letztlich trifft es aber die Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Landes und kostet Arbeitsplätze ebenso wie Milliarden an Euro. (mojo)