Mehr als 130 Länder stellen sich auf die Seite der Gegner von Machthaber Assad.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Damaskus/Marrakesch. Auch wenn noch kein Ende des blutigen Bürgerkriegs in Syrien absehbar ist, bereitet sich die internationale Gemeinschaft zunehmend auf eine Ära nach Bashar al-Assad vor. In einer Demonstration internationaler Solidarität mit der syrischen Opposition haben sich zahlreiche westliche und arabische Länder auf die Seite der Gegner des Machthabers gestellt.
Auf der nun zum vierten Mal tagenden internationalen Ministerrunde der sogenannten "Freunde Syriens" im marokkanischen Marrakesch wollen die 130 Teilnehmerstaaten, darunter Österreich, die kürzlich gebildete Syrische Nationale Koalition (SNC) als eine legitime Vertreterin des syrischen Volks und Dachorganisation der Opposition akzeptieren. Zuvor hatten bereits Großbritannien und Frankreich sowie am Montag die Europäische Union erklärt, sie betrachte das Bündnis als legitime Vertretung der syrischen Bevölkerung.
Auch wenn die Zahl der Länder groß ist, ist der Umfang der internationalen Unterstützung für die SNC einstweilen noch weniger umfassend als etwa die Unterstützung für den oppositionellen Revolutionsrat im Libyen-Bürgerkrieg 2011. Damals wurde der Revolutionsrat als einziger Vertreter des libyschen Volkes akzeptiert. Diesen Status strebt auch die syrische SNC an - immerhin hätte dies unter anderem zur Folge, dass Staaten keine Kontakte zum Assad-Regime mehr halten würden, sondern nur mehr zum Oppositionsbündnis.
EU bleibt vorsichtig
Auf solch einen Schritt wollte sich etwa die EU jedoch nicht einigen. Das syrische Oppositionsbündnis SNC wurde schließlich als ein legitimer Vertreter des syrischen Volkes akzeptiert. Diese Einschränkung hat laut Auskunft des österreichischen Außenamtes vor allem zwei Gründe: Einerseits sehe man noch keine definierte Agenda der SNC. Es ist weithin unklar, ob sich die SNC etwa zur Rechtsstaatlichkeit oder zum Schutz der Grund- und Menschenrechte bekennt. Andererseits legt man großen Wert darauf, dass das Oppositionsbündnis eine breitestmögliche Unterstützung innerhalb der syrischen Bevölkerung hat. Glaubwürdig sei dies erst, wenn die ethnischen und religiösen Minderheiten - also auch Kurden, Christen und Alawiten - sich mehr einbringen. "Wir wollen ein pluralistisches Syrien erhalten", heißt es aus dem Außenamt.
Die Nationale Syrische Koalition, die Mitte November in Katar gegründet wurde, ist ein Zusammenschluss von Oppositionsgruppen, bekannten Dissidenten und Revolutionskomitees. Erklärtes Ziel des Bündnisses ist der Sturz des Regimes von Präsident Assad. In vielen anderen Fragen vertreten die Mitglieder der Koalition aber unterschiedliche Positionen. Die Koalition besteht aus einem 65-köpfigen Rat, der ethnisch und religiös gemischt ist. Ihr gehören neben der Muslimbruderschaft auch säkulare Vertreter an. Vorsitzender ist Mouaz Alkhatib, der ehemalige Imam der Omayyaden-Moschee in Damaskus. Seine drei Stellvertreter sind der Unternehmer und ehemalige politische Häftling Riad Seif, die Regimekritikerin Suhair Atassi und der linke Christ Georges Sabra.
Am Dienstag hatten auch die USA die Oppositionskoalition anerkannt. Wie der Fernsehsender ABC News unter Berufung auf Regierungskreise berichtete, gehe mit der Anerkennung aber nicht die Aufnahme von Waffenlieferungen an die Gegner Assads einher.
Noch keine Waffen
Jedoch sei damit eine Tür in diese Richtung geöffnet worden. Der französische Außenminister Laurent Fabius schloss für den jetzigen Zeitpunkt die Möglichkeit einer Versorgung der Opposition mit Waffen aus, ergänzte jedoch, dass man sich die kommenden Monate ansehen werde.
Nach wie vor ist die syrische Armee besser ausgerüstet, weshalb eine der zentralen Forderungen der Opposition ist, schwere Waffen zu erhalten. Immerhin erkannte man laut Nachrichtenagentur Reuters im Entwurf der Erklärung in Marrakesch an, dass es "eine legitime Notwendigkeit des syrischen Volkes ist, sich selbst gegen das gewaltsame und brutale Regime Bashar al-Assads zu verteidigen".
Indes gehen die Kämpfe in Syrien weiter. Schätzungen zufolge wurden bereits mehr als 42.000 Menschen getötet, mehr als 1,7 Millionen Syrer vertrieben.