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Zwischenstopp in Beringia

Von Roland Knauer

Wissen
Die grüne Region zwischen dem heutigen Alaska rechts und dem Osten Sibiriens links war vor rund 25.000 Jahren die heute überflutete Region Beringia. Grafik: William Manley, University of Colorado

Lebten die Ureinwohner Amerikas einst isoliert im hohen Norden?


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Berlin. Als vor rund 28.000 Jahren die Gletscher in Europa und Nordamerika weit nach Süden vordrangen, steckte in ihnen so viel gefrorenes Wasser, dass die Spiegel der Ozeane 120 bis 130 Meter niedriger als heute lagen. Derzeit flache Meeresregionen, wie die Beringstraße zwischen Alaska und Sibirien, waren damals, auf dem Höhepunkt der Eiszeit, trocken. Beringia nennen Wissenschafter dieses heute wieder geflutete Land, über das Menschen aus Asien schließlich bis weit in den Süden Amerikas vordrangen. Forscher sind sich weitgehend einig, dass die Ureinwohner den Doppelkontinent genau auf diesem Weg erreichten. Neu ist dagegen die Überlegung von Dennis O’Rourke von der University of Utah im US-amerikanischen Salt Lake City und seinen Kollegen in der Zeitschrift "Science" (Band 343, Seite 979), nach der die Einwanderer auf Beringia eine immerhin 10.000 Jahre lange Rast einlegten.

Genug Platz für Steinzeitjäger

Weil zu wenige Niederschläge fielen, bildete sich damals in weiten Teilen von Sibirien und Beringia keine Eisdecke. Durchwandern schien also gut möglich, dort zu leben aber eher nicht. Schließlich wuchsen keine Bäume, mit deren Holz man in den bitterkalten Wintermonaten heizen und kochen, sowie wärmende Behausungen bauen konnte. Zumindest nahmen Forscher das bisher so an.

In den letzten Jahren aber bohrten Wissenschafter tief in den Untergrund von Sümpfen in Alaska und am Boden der Beringstraße. In den dort auf dem Höhepunkt der Eiszeit abgelagerten Schichten tauchen auch etliche Pollen von Büschen, sowie Fichten, Birken, Weiden und Erlen auf. "Statt einer öden, endlosen Grastundra war Beringia also eher eine Savannen-Landschaft mit schützenden Bauminseln", vermutet Dennis O’Rourke. Bau- und Brennholz für den langen Winter gab es also.

Das Klima war zumindest in der wärmeren Jahreszeit viel angenehmer als man es für den Höhepunkt der Eiszeit annehmen würde. "Im Sommer erreichten die Temperaturen vor allem in vielen tiefer liegenden Regionen von Beringia die durchschnittlichen Werte von heute und lagen in anderen Gebieten nur wenig darunter", fasst Dennis O’Rourke Klima-Analysen für diese Zeit zusammen. So fand man auf beiden Seiten der Bering-Straße in den Ablagerungen vom Höhepunkt der letzten Eiszeit die Reste von Insekten, die nur in solchen milden Sommern überleben.

Offensichtlich schaufelten damals Strömungen im Nordpazifik Wärme und Feuchtigkeit zumindest in den Süden von Beringia. "In dieser Zeit lebten vermutlich große Herden von Büffeln und Mammuts auf den Grasflächen des Hochlandes, während in tieferen Regionen Vögel und Elche unterwegs waren, die auch gern an Büschen und Bäumen knabbern", schildert der US-Forscher eine Eiszeit-Welt, in der Menschen gut überleben konnten. Platz fanden die Steinzeitjäger dort genug: Auf dem Höhepunkt der Eiszeit erstreckte sich Beringia zwischen dem Mackenzie-Fluss in Kanada und dem Werchojansker Gebirge in Sibirien fast 5000 Kilometer von Ost nach West und gut 1500 Kilometer von Nord nach Süd.

Weshalb aber blieben die Menschen überhaupt in dieser im Sommer zwar angenehmen, im Winter aber sehr rauen Landschaft? Auf der amerikanischen Seite war ihnen der Weiterweg versperrt. Dort hatte sich über weiten Teilen Nordamerikas ein gigantischer Eispanzer gebildet. Von diesem zog sich über die heutige Inselkette der Aleuten ein langgezogener Eisrücken, der Beringia nach Süden abriegelte. Weiter im Westen bildete das Wasser des Nordpazifiks eine unüberwindliche Hürde auf dem Weg nach Süden. Die Regionen im Westen von Beringia waren extrem kalt, dort lebten keine Menschen, vermutet O’Rourke. Dazwischen schnitt eventuell ein weiterer Eispanzer den Weg nach Asien ab, der sich von der heutigen Halbinsel Kamtschatka weit nach Norden gezogen haben könnte.

Dennis O’Rourke nennt auch im Erbgut einige wenige Eigenschaften, die nur in den Ureinwohnern Nordamerikas und in zwei Völkern auftauchen, die ganz im Nordosten Asiens leben. Seiner Ansicht nach deutet das darauf hin, dass die Menschen in Beringia in der Zeit vor 25.000 bis vor 15.000 Jahren weitgehend isoliert waren. Damals ging die Eiszeit zu Ende, die Gletscher schmolzen und die Menschen konnten aus Beringia in den Süden Nordamerikas wandern. Allerdings sind diese genetischen Hinweise noch recht dünn, vermutet der Spezialist für die Analyse alten Erbgutes Michael Hofreiter von der Universität Potsdam. Und auch O’Rourke würde seine Theorie gern mit handfesten Daten untermauern. Das könnten zum Beispiel die Reste von Siedlungen sein, die er unter den Ablagerungen der Beringstraße oder in den tiefen Regionen des heutigen Alaskas und ganz im Osten Sibiriens vermutet.