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Der Fall Gurlitt ist eine Überforderung. Das dürfte schon jenen Beamten klar gewesen sein, die im Jahr 2012 rund 1300 Werke in der Wohnung des Münchner Sammlers beschlagnahmt haben. Ein Teil davon steht unter Raubkunstverdacht, dürfte also Opfern des NS-Staates gehört haben. Die knifflige Frage: Wie können Nachfahren zu ihrem Recht kommen, obwohl die Werke nun dem Privatmann Cornelius Gurlitt gehörten? Dieser hat sich letztlich (wohl auch wegen des weltweiten Drucks) auf einen Deal eingelassen: Eine Taskforce darf die Werke beforschen, Raubgut wird restituiert. Im Mai starb der 81-Jährige.
Nun kommt erneut Bewegung in den Fall. Zwar ändert sich - so weit, so gut - an der Raubkunst-Lösung wohl nichts. Die Zukunft des übrigen Erbes (vermutlich das Gros der Sammlung, aber auch Immobilien) ist indes offen. Bekanntlich hat Gurlitt alles dem Kunstmuseum Bern vermacht. Das will sich aber erst am 26. November entscheiden. Und inzwischen ist das passiert, was schon als Gerücht kursierte: Gurlitts Verwandtschaft lässt den letzten Willen nicht unwidersprochen. Zwar sähe Cousin Dietrich Gurlitt das Erbe gern in Bern. Cousine Uta Werner aber hat ein Gutachten beauftragt, das Wellen schlägt: Der Vetter sei bei der Abfassung seines Testaments nicht mehr bei klarem Verstand gewesen. Dass man es anfechte, sei "nicht vollkommen ausgeschlossen".
Ob das gelänge, ist freilich ein anderes Kapitel. Der Gutachter hat nämlich nur eine Ferndiagnose über den bereits Toten erstellt. Was dafür immer klarer scheint: Die Verwandtschaft sieht ihre künftige Rolle wohl nicht darin, ein Museum in Bern zu besuchen.