Premier Orban verteidigt in Brüssel Pläne für neue Steuern.
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Brüssel/Budapest. Wenn Brüssel die eine Steuer nicht gefällt, dann führt Budapest eben eine andere ein: Seit längerem schon befindet sich die ungarische Regierung auf Konfrontationskurs mit der EU-Kommission. Die stellte sich auf die Seite der Unternehmen, die über Sonderabgaben klagten, welche nach der Einführung in Ungarn vor allem große ausländische Firmen trafen. Doch auch Budapest muss den Staatshaushalt sanieren. "Daher müssen wir jene Steuern, die die EU-Kommission so heftig kritisiert, mit anderen ersetzen", erklärte der ungarische Premierminister Viktor Orban bei einer Diskussionsveranstaltung in Brüssel.
Eine geplante neue Steuer wird kaum Wohlgefallen in der EU-Kommission auslösen. Heuer und 2013 soll das Telefonieren im Fest- und Mobilnetz besteuert werden - was die Anbieter selbst einsammeln und weiterreichen sollen. Die Regierung erhofft sich davon Einnahmen in Höhe von umgerechnet 275 Millionen Euro.
Dabei hat die EU-Kommission Ungarn erst vor kurzem dazu aufgefordert, eine zuvor eingeführte Sondersteuer für Telekom-Betreiber abzuschaffen. Solche Einnahmen sollten im Telekom-Sektor eingesetzt und nicht dazu verwendet werden, Lücken im nationalen Budget zu füllen, lautete die Argumentation.
Orban hingegen findet, dass das Steuersystem auf eine breitere Basis gestellt werden müsse - die Arbeit jedoch davon ausgenommen werden sollte. "Wir müssen die Besteuerung auf Arbeit reduzieren", sagte der Premier, der sich auf der anderen Seite für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer aussprach. Generell müssten die EU-Staaten ihre Pensions- und Sozialsysteme überdenken sowie die Arbeitsproduktivität steigern, um wettbewerbsfähig zu sein. Das müsse auch die EU-Kommission bei ihren Regelungen berücksichtigen. "Brüssel kann nicht überleben, wenn es sich nicht ändert", so Orban.
Diverse Sonderabgaben
Unterdessen wurde in Budapest eine Neufassung des Kalman-Szell-Refomplans vorgestellt. Danach soll die angeschlagene ungarische Wirtschaft vor allem über neue Steuern angekurbelt werden. Neben der Abgabe fürs Telefonieren kommt noch heuer ein auf zwei Jahre befristeter Sondermehrwertsteuersatz für Landwirte, der umgerechnet 125 Millionen Euro einbringen soll.
Ab 1. Jänner wird die Sonderabgabe für Energieunternehmen verdoppelt, was jährlich umgerechnet rund 185 Millionen Euro bringt. Über eine Finanztransaktionssteuer sollen jährlich umgerechnet mindestens 435 Millionen Euro in die Staatskassen fließen, eine einheitliche Steuer für Versicherungsunternehmen jährlich noch einmal umgerechnet 50 Millionen Euro bringen.