EU-Kommissare für Haushalt und Landwirtschaft drängen zu Eile.
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Brüssel/Luxemburg/Wien. Nach der Einigung ist vor der Einigung. Was für einen Großteil der Gesetzgebung in der EU gilt, trifft ganz besonders auf die Budgetverhandlungen zu. Zwar haben sich die Staats- und Regierungschefs vor gut zwei Monaten auf einen siebenjährigen Rahmen für die Ausgaben der Union verständigt. Doch das EU-Parlament forderte kurz darauf in einer Resolution Nachbesserungen. Über diese Wünsche berieten nun die Außen- und Europaminister bei einem Treffen in Luxemburg.
Dabei kreiste die Debatte nicht nur um die finanziellen Zusagen in Höhe von 960 Milliarden Euro für die Jahre 2014 bis 2020. Es ging auch um eine weit geringere Summe - und zwar für heuer. Im EU-Haushalt klafft nämlich nach den Berechnungen der EU-Kommission ein Loch von etwas mehr als elf Milliarden Euro. Das Geld müsste aufgebracht werden, um noch offene Rechnungen zu begleichen. Und diesen Nachtragshaushalt möchte das EU-Parlament gemeinsam mit dem Budgetplan für die kommende Finanzperiode diskutiert wissen.
Solch eine Verknüpfung lehnen aber etliche Mitgliedstaaten ab. Großbritannien und die Niederlande finden die von der Kommission gewünschten zusätzlichen Mittel für dieses Jahr überhaupt zu hoch. Andere Länder äußerten ihre Bedenken, die jetzigen und künftigen Ausgaben gemeinsam zu verhandeln. Irland, das derzeit den EU-Vorsitz innehat, möchte die Gespräche darüber mit dem EU-Parlament nun parallel führen. Die Regierung in Dublin hofft, noch diese Woche damit beginnen zu können.
Haushaltskommissar Janusz Lewandowski drängte dabei einmal mehr zur Eile. "Wir hinken jetzt schon dem Zeitplan hinterher", erklärte er. Um die jeweiligen mehrjährigen Programme ab 2014 zu fixieren, müsste eine Einigung aller Seiten bis Juni erreicht werden.
Davon hängt nicht zuletzt auch die Umsetzung der Agrarreform ab, die bei einer Zusammenkunft der Landwirtschaftsminister zur Debatte stand. Förderungen für Bauern gehören zu den größten Budgetposten, und das Ringen um ein neues Verteilungssystem ist eng mit den Haushaltsverhandlungen verbunden. Österreich sind für sieben Jahre knapp neun Milliarden Euro in Aussicht gestellt worden. Schon jetzt ist aber klar, dass die neuen Vorgaben nicht im kommenden Jahr sondern 2015 in Kraft treten werden. Daher sollen nun Übergangsregeln geschaffen werden.
"Sonderkommission Alm"
Mehr aber als die künftigen Förderungen beschäftigen einen Teil der österreichischen Landwirte derzeit bereits erfolgte Überweisungen. Hunderte Bauern sind nämlich mit Rück- oder Strafzahlungsaufforderungen konfrontiert. Für Verwirrung sorgen dabei die Flächenangaben bei Almen: Wegen Verfehlungen bei Vermessungen allein in den Jahren 2006 bis 2008 fordert die EU-Kommission von Österreich mehr als 62 Millionen Euro zurück.
Während der zuständige Kommissar Dacian Ciolos die österreichischen Behörden dazu aufrief, für Klarheit zu sorgen, kündigte das Landwirtschaftsressort in Wien an, ein neues Flächenerfassungssystem erarbeiten zu wollen. In einer Aussendung nahm Minister Nikolaus Berlakovich die Almbauern in Schutz, die sich "zu Recht dagegen wehren, als Betrüger hingestellt zu werden". Wenn aber "Fehler in der Agrarbürokratie passiert sind", seien diese aufzuklären. Eine "Sonderkommission Alm" unter Leitung des ehemaligen Agrarkommissars Franz Fischler soll dazu beitragen.
Agrarmarkt Austria (AMA), für die Vermessungen zuständig, verteidigt unterdessen die eigene Tätigkeit. Die Kontrollpraxis sei seit 2000 die gleiche. Geändert haben sich allerdings in der Zwischenzeit die EU-Regeln - worauf auch Fischler hingewiesen hat.