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Zwist um Kaisers Standbild

Von Michael Schmölzer

Europaarchiv

In Österreich ist die Habsburger-Monarchie vielerorts mit dem Nimbus der "guten alten Zeit" behaftet, in Tschechien steht man dem Herrschergeschlecht traditionell kritisch gegenüber. Dort assoziiert man die "seligen" k. u. k. Zeiten unter Kaiser Franz Joseph vor allem mit Unterdrückung des nationalen Selbstwertgefühls. Auch dem Biedermeier-Kaiser Franz I. sind viele Tschechen nicht wohl gesonnen. So erhitzt derzeit die Aufstellung einer Reiter-Statue in Prag die Gemüter.


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Die Statue des schon damals verblichenen Kaisers Franz I. wurde 1850 als Bestandteil eines Brunnens auf dem rechten Moldau-Ufer zum würdigen Andenken an eine 40-jährige Amtszeit installiert. Unmittelbar nach der Gründung des tschechoslowakischen Staates im Jahr 1918 fiel das Werk in Ungnade, wurde mit einem Schleier verhüllt und verschwand 1919 als Symbol der ungeliebten Habsburg-Monarchie in einer Lagerhalle.

Kaisers Renaissance

Jetzt, nach 84 Jahren, erhielt das Standbild seinen ursprünglichen Platz zwischen dem Nationaltheater und der Karlsbrücke wieder. Die Neuaufstellung der Statue hatte das Rathaus des zentralen Stadtbezirkes Prag-1 beschlossen. "Es handelt sich um eine der schönsten Statuen, die es je in Prag gab. Die Herrschaft des Kaisers Franz Josef I. ist Bestandteil der Historie, die man nicht auslöschen kann", begründete der stellvertretende Bürgermeister von Prag-1, Petr Burgr, die Entscheidung.

Die "Rückkehr" des Habsburgers stößt allerdings auf den Wiederstand tschechischer Freiheitskämpfer aus dem Zweiten Weltkrieg: "Franz I. hatte mit seinem Kanzler Metternich in Österreich einen Polizei-Staat aufgebaut und die tschechische Emanzipations-Bewegung hart unterdrückt", so das Vorstandsmitglied der Freiheitskämpfer-Verbandes Milan Grus gegenüber der tschechischen Tageszeitung "Pravo".