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Kompetenzen zwischen EZB, Europäischer Bankenaufsicht und nationalen Behörden müssen neu verteilt werden.
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Nikosia. Michel Barnier gab sich gelassen. Klar habe er Diskussionen in den Ländern erwartet, nachdem er seinen Vorschlag zu einer gemeinsamen europäischen Bankenaufsicht vorgelegt hatte, meinte der EU-Binnenmarktkommissar. Doch es sei nun einmal sein Job, einen Plan zu erarbeiten und dann einen "dynamischen Kompromiss" zu erreichen.
Dass dies nicht reibungslos über die Bühne gehen würde, zeigte sich bereits wenige Tage nach Barniers Präsentation, als die Finanzminister der EU bei einem Treffen in Nikosia erstmals untereinander über den Fahrplan für das neue Kontrollorgan sprachen. So meldete etwa Schweden gleich Widerspruch an: "Inakzeptabel" fand Finanzminister Anders Borg die derzeitigen Vorschläge. Seine Regierung hätte gern mehr Mitspracherechte der Staaten.
Deutschland hat ebenfalls schon vor zu viel Eile bei der Schaffung der Bankenaufsicht gewarnt. Dass diese bereits im kommenden Jahr ihre Arbeit aufnehmen solle, findet Finanzminister Wolfgang Schäuble schlicht unrealistisch.
Anders sieht dies sein französischer Amtskollege Pierre Moscovici. "Wir sollten keine Zeit damit verlieren, erst die Euro-Krise zu lösen. Es geht nicht darum, zu hetzen, aber wir müssen den Takt der Reformen halten", erklärte er.
Positiv äußerte sich auch die österreichische Ressortchefin Maria Fekter. Es sei gut, wenn "ein zentrales Regulativ für alle gilt", befand sie, fügte aber gleich hinzu: "Wer das dann operativ praktikabel umsetzt, wird noch diskutiert."
Für Deutschland etwa ist kaum vorstellbar, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ab 2014 alle rund 6000 Banken in der Euro-Zone beaufsichtigt, wie es die Kommissionspläne vorsehen. EZB-Vizepräsident Vitor Constancio war denn auch um Beruhigung bemüht: Es gehe gar nicht darum, dass die Zentralbank ständig alle Geldinstitute kontrolliert, vielmehr hätten die nationalen Aufseher auch weiterhin ihre Aufgaben zu erfüllen.
Doch zeichnet sich schon jetzt ein Tauziehen ab um die Kompetenzverteilung zwischen EZB, die letzte Entscheidungen treffen soll, der Europäischen Bankenaufsicht EBA und den nationalen Behörden. Auch ist noch unklar, in welcher Form sich jene EU-Länder, die nicht dem gemeinsamen Währungsraum angehören, beteiligen. Allerdings haben sich einige Staaten wie Polen prinzipiell zur Zusammenarbeit bereit erklärt.
Nach Barniers Vorstellungen soll die Bankenaufsicht jedenfalls dafür sorgen, dass die Institute künftig nach gemeinsamen Standards arbeiten, um im Krisenfall nicht erneut mit Steuergeld gerettet werden zu müssen. Ab Jänner soll die EZB jene Banken kontrollieren, die in hoch verschuldeten Staaten mit europäischen Rettungsprogrammen gestützt werden, danach sollen die großen, systemrelevanten Unternehmen folgen. Ab 2014 soll die Aufsicht dann alle Banken umfassen.