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Zwölf gegen den Premier

Von Martyna Czarnowska

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Mit geballter Kraft wollen in Mazedonien linksgerichtete Parteien gegen die Regierung vorgehen.


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Seine letzte Ruhe fand er in Skopje. Im stillen Innenhof der Erlöserkirche, geschützt vom Lärm des Alten Basars gleich nebenan und nahe an den Ruinen der Burgfestung, wurden die Überreste von Goce Delcev begraben. Büsten und Statuen aber, die ihn zeigen, sind nicht nur auf den Plätzen Mazedoniens zu finden. In Bulgarien haben sie sogar eine Stadt nach ihm benannt.

Auch dort war der rastlose Partisan und Unabhängigkeitsaktivist unterwegs, kämpfte mit der paramilitärischen Internationalen Mazedonischen Revolutionären Organisation für die Autonomie seiner Heimat, die einst Teil des Osmanischen Reiches war. Goce Delcev war 31 Jahre alt, als er im Mai 1903 bei einem Scharmützel mit der türkischen Polizei starb.

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Ein Bild des Revolutionärs hing in dem Saal, in dem sich diese Woche Vertreter von zwölf mazedonischen Parteien trafen. Daneben waren auch Portraits von Josip Broz Tito und dessen kommunistischem Mitstreiter Lazar Kolisevski zu sehen. Es waren großteils linksgerichtete Gruppierungen, die sich da trafen, um einen Block zu bilden, der das Kabinett von Premier Nikola Gruevski stürzen soll. Ihr informeller Vorsitzender ist Branko Crvenkovski, Chef der Sozialdemokratischen Union - und ehemaliger Staatspräsident Mazedoniens.

Gemeinsam mit Parteien wie den Neuen Sozialdemokraten, den Liberalen, der Partei der freien Demokraten, der Neuen Alternative oder der Union der linken Kräfte Titos will er gegen das gefährliche Abgleiten des Landes "Richtung Diktatur und Absolutismus, wirtschaftlichen Kollaps, Kriminalität und Korruption" vorgehen. Und für all das macht die Plattform laut der Tageszeitung "Dnevnik" den Ministerpräsidenten und dessen national-konservative Regierungspartei verantwortlich.

Diese trägt den klingenden Namen Innere Mazedonische Revolutionsorganisation - Demokratische Partei für die Einheit Mazedoniens (VMRO-DPMNE) und hat selbst schon etliche Zusammenschlüsse und Abspaltungen erlebt. Bei der letzten Parlamentswahl vor eineinhalb Jahren gewann sie die Mehrheit und stellt mittlerweile auch den Präsidenten.

Die Parteienlandschaft Mazedoniens ist sehr zersplittert, was auch teilweise die unterschiedlichen Interessen selbst innerhalb der zahlreichen ethnischen Gruppen widerspiegelt. So gibt es etwa mehrere albanische Fraktionen, von denen eine auch schon einmal die Arbeit des Parlaments blockieren kann, wenn sie einfach aus dem Abgeordnetenhaus auszieht.

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Dennoch fordert die Regierung immer wieder Einigkeit, um Reformen zu erarbeiten, die für das wirtschaftliche Wachstum des Landes mit seinen rund zwei Millionen Einwohnern nötig sind. Die Arbeitslosenrate ist enorm: Jeder dritte ist offiziell ohne Job. Das durchschnittliche Monatsgehalt liegt bei etwa 400 Euro. Im Vorjahr hat die Wirtschaft den Staat um eine Finanzspritze in Höhe von bis zu einer Milliarde Euro gebeten.

Gleichzeitig möchte Skopje Reformen in der Verwaltung vorantreiben, um die Anforderungen der Europäischen Union zu erfüllen. Nach der Aufhebung der EU-Visapflicht für seine Bürger wartet der Beitrittskandidat auf die Eröffnung von Verhandlungen mit der Union. Diese sollten so rasch wie möglich beginnen, befand das Europaparlament. Und die EU-Kommission bescheinigte Mazedonien - entgegen den Vorwürfen der Opposition - gute Fortschritte etwa im Kampf gegen Korruption.

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Positiver als die neu gebildete Plattform bewertet auch ein großer Teil der Bevölkerung die Arbeit des Kabinetts um Premier Gruevski. Laut einer Umfrage ist fast jeder zweite mit der Regierung zufrieden. Deren Arbeit sieht nur ein Fünftel der Befragten als schlecht an. Im benachbarten Serbien ist es umgekehrt: Da ist immerhin fast die Hälfte der Bürger mit ihrer Regierung unzufrieden.