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Zyniker an der (Müll-)Kippe

Von Von Reinhold Aumaier

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Der spöttisch seine Mundwinkel verzieht, krampfig seine Finger knetet, (bl)öde Witze reißt und das sich unwohl Fühlen in seiner Haut nahtlos auf den Zuschauer überträgt, hat gesprochen. Herr Harald Schmidt hat zu unser aller Überraschung kundgetan, TV sei zu 80 Prozent unfassbarer Müll. Da sitzt einer in der Bildröhre, kassiert gehörig ab, macht auf antiken Zyniker und sticht auf uns Ahnungslose mit seinem Zeigefinger wie mit einem Rohrstaberl ein. Besten Dank! Der Mann weiß, wovon er spricht. Zu den 90,9 Prozent Müll - wir haben nachgerechnet und korrigieren hiermit - im TV gehört natürlich seine eigene sogenannte Show; nicht zu vergessen den "Ladenschluss" seines peinlichen Nachäffers Meinrad Knapp bei ATV. Null Prozent Müll, sondern köstliche 80 Minuten Kino bescherte am letzten Donnerstag 3sat mit dem Opernmärchen "Cinderella in Paris". Ein kleines feines Stück Film mit sehenswerten Typen und einer Geschichte, die den heiklen Hochseilakt zwischen Märchen-Haft sowie ungeschminkter Realität gewagt und geschafft hat. Ein vergleichbares Vergnügen hatten wir kurz vor Mittag bei Österreich 1. Das Geburtstagskind Dietmar Schönherr las die Erzählung "Bühnengespenster". Auch er war wie Kuli eine Persönlichkeit mit Rückgrat, Menschlichkeit und Kunstverstand im Müll absondernden Geschäft der Television.

Eine Bitte noch an die Gestalter der "Radiogeschichten". Von Hörern wird mir wiederholt zugetragen, dass sie manchmal abschalten müssen, weil ungustiöse Inhalte den Appetit aufs Mittagessen konterkarieren. Immer weniger Literatur im Funk, treue Stammhörer: bitte um Einsicht, Pflege und 's nötige G'spür.