Vor vier Jahren war die Insel fast pleite, jetzt beeindruckt sie mit einem Rekord-Wachstum. Warum läuft es dort besser als in Griechenland?
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 7 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Athen. (n-ost) Zyperns Finanzminister Harris Georgiades hat sich verrechnet. Aber es ist ein erfreulicher Irrtum: Statt eines ursprünglich erwarteten Plus von 2,9 Prozent wird das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Republik Zypern in diesem Jahr voraussichtlich 3,5 Prozent zulegen. So stark expandierte die Wirtschaft zuletzt im Vorkrisenjahr 2008. "Unsere Bemühungen zahlen sich aus, wir sind in guter Verfassung", stellte Georgiades fest. Auch die Sanierung der Staatsfinanzen macht gute Fortschritte. Nach einem Haushaltsdefizit von 8,8 Prozent im Krisenjahr 2014 konnte Georgiades im vergangenen Jahr einen Überschuss von 0,4 Prozent ausweisen. Heuer dürfte das Plus in einer ähnlichen Größenordnung liegen.
Dabei stand Zypern noch im Frühjahr 2013 vor der Staatspleite. Ein Zehn-Milliarden-Euro-Rettungsring der Euro-Staaten bewahrte es vor dem finanziellen Untergang. Gut drei Jahre später hat sich die Inselrepublik fast zu einem Musterland entwickelt.
Die Staatsverschuldung, 2016 noch bei knapp 108 Prozent des BIP, soll 2018 unter die 100-Prozent-Marke gedrückt werden. Der unerwartet starke Aufschwung geht zu einem großen Teil auf das Konto des Tourismus. Im ersten Halbjahr stieg die Zahl der ausländischen Gäste um 17 Prozent. Zypern profitiert nicht zuletzt von der Tourismus-Flaute in der Türkei und Ägypten. Der Fremdenverkehr steuert etwa ein Viertel zur Wirtschaftsleistung bei. Vor allem aber waren es der aufgeblähte Bankensektor, dessen Bilanzsumme zuletzt fast das Neunfache des zypriotischen BIP ausmachte, und die enge Verflechtung mit der Wirtschaft Griechenlands, die Zypern 2012 in den Strudel der Hellas-Krise rissen.
Doch während die Insel das dreijährige Anpassungsprogramm im Frühjahr 2016 abschloss und von bereitgestellten zehn Milliarden Euro nur Kredite im Umfang von 7,3 Milliarden Euro in Anspruch nehmen musste, hängt Griechenland, dessen Stützung bereits mehr als 255 Milliarden Euro verschlungen hat, am Tropf schon des dritten Hilfspakets. Warum lief es in Zypern besser als im benachbarten Griechenland?
Mit einem BIP von knapp 20 Milliarden Euro ist Zyperns Volkswirtschaft wesentlich kleiner. Das erleichtert die Umsetzung von Strukturreformen. Auch die politische Stabilität des zypriotischen Präsidialsystems spielt eine Rolle: Staatschef Nikos Anastasiades wurde 2013 gewählt und kann bis 2018 weitgehend unabhängig von parlamentarischen Mehrheiten regieren. Überdies machte sich die Regierung das Anpassungsprogramm zu Eigen - anders als Griechenlands Links-Premier Alexis Tsipras, der zwar Reformen widerwillig durchs Parlament bringt, sie dann aber häufig gar nicht umsetzt.
Makellos ist allerdings auch Zyperns Reformbilanz nicht: Bei den Privatisierungen hakt es. Den vorgesehenen Verkauf der staatlichen Telekom-Firma Cyta und des Elektrizitätsversorgers EAC konnte die Regierung bisher nicht durchsetzen. Sie scheiterte am Widerstand der kommunistischen Opposition und der von ihr kontrollierten Gewerkschaften.