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Eurogruppe schmiedet Last-minute-Deal: Laiki-Bank wird geschlossen
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Brüssel. Dieses Mal ist es 2.37 Uhr in der Früh geworden. Es war "a hard days night", von einer "long and winding road" wolle er nicht sprechen, sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn. Die Journalisten interessierte bei der Pressekonferenz nach dem Krisentreffen der Eurogruppen-Finanzminister aber nicht das Outing des Finnen als Beatles-Fan, sondern die Lösung der Zypern-Krise. Und diese gelang letztlich auf eine bemerkenswert sachliche Weise – gemessen daran, wie chaotisch und widersprüchlich das Krisenmanagement in der vergangenen Woche verlaufen war. Hart für Zypern wird es trotzdem.
Das Problem werde nun dort angepackt, wo es entstanden sei, sagte Eurogruppenchef Jerzoen Dijsselbloem: bei den Banken. Diese Lösung sei bereits vor einer Woche auf dem Tisch gelegen, im ersten Anlauf konnte darüber aber keine politische Einigung erreicht werden, deutete der Niederländer an. Bei der neuen Lösung seien die Parameter unverändert geblieben, aber die Instrumente verbessert. Vor dieser Einigung lag freilich eine lange, turbulente Nachtsitzung, die mehrmals auf der Kippe stand und bei der der neu gewählte Präsident Nikos Anastasiadis sogar mit seinem Rücktritt gedroht haben soll.
Die Kernpunkte des neuen Deals: Die garantierten Spareinlagen der zypriotischen Bankkunden bis 100.000 Euro werden nun doch nicht angetastet. Sonst bleibt bei den beiden maroden Großbanken jedoch kein Stein auf dem anderen: Die Popular Bank of Greece (Laiki-Bank) wird umgehend abgewickelt und geschlossen. Die Einlagen über 100.000 Euro werden einen Schnitt hinnehmen müssen – in Summe leistet das einen Beitrag von 4,2 Milliarden Euro. Problematische Kredite sollen in eine "Bad Bank" übergeführt werden. Dafür wandern die Spareinlagen bis 100.000 Euro rüber in die zweite Krisenbank, die Bank of Cyprus. Diese wird gewissermaßen als "Good bank" weitergeführt, dorthin wird auch die Notfallkreditlinie der zypriotischen Notenbank (ELA) von 9 Milliarden Euro transferiert.
Aktionäre und Anleiheninhaber werden allerdings durch die Fingern schauen. Das ist ein Eurokrisen-Novum: Auch vorrangige Anleiheninhaber sind nicht vor Verlusten geschützt. Es handle sich aber um keinen völligen Kurswechsel, sagte Jeroen Dijsselbloem – es habe auch in anderen Ländern bereits ähnliche Fälle gegeben. Die Situation bei Laiki sei so dramatisch, dass sie nicht gerettet werden konnte und das Errichten von Feuermauern zwecklos war. Auf Bedenken, dass damit ein Präzedenzfall geschaffen wurde, der Investoren in Europa verschrecken könnte, sagte Olli Rehn, dass die Bankanleihen mit vorrangigem Status auf Zypern keinen besonders großen Betrag ausmachen würden. Es handle sich um keinen Doktrinwandel der EU.
Welchen "Haircut" die Bankguthaben über 100.000 Euro bei der Bank of Cyprus dann noch hinnehmen müssen, steht noch nicht exakt fest. Das werden erst die nächsten Wochen zeigen – am Ende soll jedenfalls eine solide Eigenkapitalquote von 9 Prozent stehen. Die Bank of Cyprus werde "angemessen verschlankt", sagte IWF-Chefin Christine Lagarde. Bis 2018 soll der gesamte zypriotische Finanzsektor auf ein gesundes Maß geschrumpft sein. Das Programm geht von einer Schuldenquote von maximal 100 Prozent der Wirtschaftsleistung 2020 aus.
Parlamentsbeschlüsse schon da
Der Clou an dieser Lösung: Das zypriotische Parlament kann die Eckpfeiler der Vereinbarung nicht mehr umstoßen – schließlich hat es bereits am 22. März ein Gesetz zur Umstrukturierung des Finanzsektors verabschiedet. Auch die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen, um den unkontrollierten Geldabfluss ins Ausland zu stoppen, wenn die Banken am Dienstag wieder öffnen, ist bereits beschlossen.
Im Gegenzug wird die Geldgeber-Troika unverändert einen Beitrag von 10 Milliarden Euro an Hilfskrediten leisten. Der Internationale Währungsfonds wird sich daran wohl beteiligen: IWF-Chefin Lagarde sagte, das Hilfsprogramm sei "dauerhaft angelegt, tragfähig und voll ausfinanziert". Damit sind die Voraussetzungen erfüllt, dass die IWF-Gremien ihre Zustimmung geben können. Der Europäische Stabilitätsmechanismus strebe an, dass der erste Geldbetrag bereits Anfang Mai nach Zypern fließen kann, sagte ESM-Chef Klaus Regling. Dafür müssen noch vorerst die nationalen Beschlüsse in Zypern gefasst werden und Ende April der ESM-Gouverneursrat zustimmen.
Auf Zypern wartet nun das aus Griechenland bekannte Troika-Prozedere mit vierteljährlichen Überprüfungen, bevor die Hilfskredite fließen. Das beinhaltet auch Sparpläne, Strukturreformen und Privatisierungen, sagte Dijsselbloem. Die Folgen für die zypriotische Bevölkerung werden drastisch sein. Klar ist, dass auf jeden Fall tausende Bankmitarbeiter sofort ihren Job verlieren werden. Noch viel größer ist die Sorge, wie die Insel künftig überhaupt noch wirtschaften kann. Das bisherige Geschäftsmodell, wo der Finanzsektor zwischen der Hälfte und zwei Dritteln der Wirtschaftsleistung ausgemacht hatte, ist nachhaltig zerstört. Daneben gibt es nur noch den Tourismus und einen kleinen Agrarsektor, der aber kaum etwas zum BIP beiträgt.
"Die nahe Zukunft wird sehr schwierig für das Land und die Bevölkerung werden. Die Europäische Kommission wird alles unternehmen, um die Schmerzen zu lindern", sagte Rehn. Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso habe schon mit Zypern Präsident Nikos Anastasiadis vereinbart, dass es eine "Taskforce" für Zypern geben soll, die den Umbau der Wirtschaft mit einem Schwerpunkt auf Wachstum und Beschäftigung begleitet. "Zypern hat bereits schwere Zeiten durchgemacht und ausgestanden – und wird es auch dieses Mal wieder schaffen", so Rehn unter offenkundiger Anspielung auf die Besetzung und Teilung der Insel.
"Wir haben Zeit verloren und die Lage auf Zypern hat sich nicht verbessert", resümierte Deutschlands Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nach dem Treffen. Er gehe davon aus, dass der Bundestag in Deutschland dem Zypern-Paket seine Zustimmung geben werde: Die Kernforderungen aller Fraktionen seien erfüllt worden: Sicherung der Einlagen unter 100.000 Euro, Bekämpfung der Geldwäsche, Beitrag der Banken und Schrumpfen des Finanzsektors. Das zypriotische Geschäftsmodell werde sich stark verändern, sagte Schäuble. Der Finanzsektor werde auf ein im europäischen Kontext übliches Maß zurückgeführt. Zur Frage, wie diese Einigung wohl in Russland aufgenommen werde, gab sich Schäuble zugeknöpft. Ein großer Teil jener großen Bankkunden und Bankeigentümer, die nun massiv zur Kasse gebeten werden, sind Russen. Man stehe in Verbindung mit der russischen Regierung, so Schäuble. Für große Begeisterung wird die Beilegung der Zypern-Krise in Moskau mit Sicherheit nicht führen.