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Zyperns Präsident Anastasiadis im Strudel des Kapitalflucht-Skandals

Von WZ-Korrespondent Ferry Batzoglou

Politik

Griechische Zeitung enthüllt Namen von beteiligten Firmen und Personen.


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Athen/Nikosia. Knapp vor dem Eurogruppen-Beschluss zur Zwangsabgabe für Spareinlagen in Zypern kam es zu Fällen massiver Kapitalflucht. Deshalb gerät Präsident Nikos Anastasiadis immer stärker in Bedrängnis.

Die angesehene Athener Tageszeitung "Ethnos" hat am Sonntag (14.04.2013) die geheime Liste der natürlichen Personen und Firmen enthüllt, die vom 1. März bis zum 15. März Gelder von den beiden zypriotischen Grossbanken Bank of Cyprus (BoC) sowie Laiki Bank ins Ausland transferierten. Die brisante Liste wurde erst kürzlich von Zyperns Notenbank dem Parlament in Nikosia zugestellt, bleibt dort aber offiziell unter Verschluss.

Die von "Ethnos" nun veröffentlichte Liste umfasst insgesamt 3.291 Transaktionen von BoC-Konten mit insgesamt 6.000 Kontoberechtigten sowie weitere 132 Transaktionen von Laiki Bank-Konten. Die Transaktionen von den BoC-Konten betreffen Geldabflüsse in verschiedenen Währungen: Neben Euro-Überweisungen sind Beträge in US-Dollar, Rubel, britischen Pfund, Kanadischem Dollar und anderen Währungen aufgeführt. Die Transaktionen von den Laiki Bank-Konten betreffen hingegen ausschließlich Euro-Überweisungen.

Laut "Ethnos" weisen die Geldüberweisungen im besagten Zeitraum ein Gesamtvolumen von 1,45 Milliarden Euro, 1,55 Milliarden US-Dollar, 10,86 Milliarden Rubeln sowie 37,40 Milllionen britische Pfund auf. Neben Firmen aus dem In- und Ausland, leitenden Bankangestellten und griechischen Politikern hätten der Zeitung zufolge unter anderem auch prominente Zyprioten aus Politik und Wirtschaft Gelder im besagten Zeitraum außer Landes geschafft.

In Bezug auf das Anwaltsbüro von Zyperns Präsident Nikos Anastasiadis würden, so "Ethnos", auf Grundlage der Liste der Kapitalflüchtlingen in Verbindung mit den aufgetretenen Insider-Vorwürfen "ernste Fragen auftauchen". Die "ernsthaften Zufälle" um die betreffenden Transaktionen müssten von der zwischenzeitlich in Zypern eingesetzten Untersuchungskommission mit der gebotenen Sorgfalt unter die Lupe genommen werden, so das Athener Blatt.

Konkret habe laut der nun veröffentlichten Liste über die Transaktionen von BoC-Konten die Firma "Modisanna Ltd." am 6. März zunächst 13,28 Millionen US-Dollar sowie am 15. März, einen Tag vor dem brisanten Eurogruppen-Beschluss in der Causa Zypern, weitere 10,93 Millionen US-Dollar ins Ausland transferiert. Kontrolliert werde "Modisanna Ltd."  laut "Ethnos" von den Firmen "Ledra Ltd." sowie "Imperium Nominees Ltd.". Diese verweisen indes auf das Anwaltsbüro von Zyperns Präsident Nikos Anastasiadis. Denn als Aktionäre fungieren hier die Firmen "Gemma Management Ltd." sowie "Imperium Nominees Ltd.", der wiederum ausgerechnet die Tochter von Zyperns Präsidenten, Elsa Anastasiadis, vorsteht. Pikantes Detail in der Causa Anastasiadis: Vor den Präsidentschaftswahlen im Februar hatte der 66-jährige Rechtsanwalt bei der Offenlegung seiner Vermögensverhältnisse Einkünfte aus Dividenden eben dieser Firmen angegeben. Überdies stehe, so "Ethnos" weiter, Präsident Anastasiadis mit der Firma "Mabor co Ltd." in Verbindung. Sie habe laut Liste im Zeitraum vom 1. bis zum 12. März insgesamt 22,43 Millionen US-Dollar außer Landes geschafft.

Obendrein fungiere als starker Mann der Firma "Ledra Ltd.", die "Modisanna Ltd." kontrolliere, der Rechtsanwalt Christodoulos Vassiliadis. Dieser unterhalte somit nicht nur die besagte Geschäftsbeziehung mit dem Anwaltsbüro von Zyperns Präsidenten Nikos Anastasiadis. Ferner vertrete Vassiliadis eine Reihe russischer Kunden, die ausgerechnet zu den "Glücklichen" zählten, die vor dem 16. März Gelder von Zypern ins Ausland transferiert hätten. Laut "Ethnos" hätten jene Firmen 69 Millionen Rubel, anschließend 43,51 Millionen Euro sowie 789 Millionen Rubel noch rechtzeitig vor dem schmerzlichen "Haircut" der Spareinlagen in Zypern ins Ausland gerettet. "Ethnos" dazu:"Die Frage ist, ob dieses 'Glück' mit dem Umstand zu tun hat, dass Vassiliadis mit dem Anwaltsbüro von Nikos Anastasiadis Geschäftsbeziehungen unterhält".

Erst kürzlich hatte die zypriotische Tageszeitung "Charavgi" unter Veröffentlichung des betreffenden Bankbelegs berichtet, die Firma "Anti Loutsios and Sons Ltd." habe am 12. März 2013 insgesamt fünf Schecks der zypriotischen Laiki Bank im Gesamtwert von 21.000.525,00 Euro vorzeitig aufgelöst (die "Wiener Zeitung" berichtete). Anti Loutsios ist der Vater von Anastasiadis' Schwiegersohn und Miteigentümer der Firma "Anti Loutsios und Sons Ltd.", Jannis Loutsios. Dieser ist mit Elsa, einer der beiden Töchter von Anastasiadis, verheiratet.

Wie aus dem von "Charavgi" veröffentlichten Dokument hervorgeht, seien noch am gleichen Tag per Überweisung Nummer TTOUTO25/0032558 zunächst 50 Prozent des Gesamtbetrags und damit 10.500.262,50 Euro nach England auf Konten der Barclays Bank und der zypriotischen BoC, die in England ein Filialnetz unterhält, transferiert worden. Am nächsten Tag, dem 13. März, sei per Überweisung Nummer TTOUTO25/0032560 die übrige Hälfte nach England überwiesen worden.

Die Firma "A. Loutsios and Sons" hatte damals auf den "Charavgi"-Bericht reagiert. Per offizieller Pressemitteilung erklärte sie damals, die Transaktionen seien im Rahmen "legaler wirtschaftlicher Aktivitäten" erfolgt. Ferner seien lediglich 10,5 Millionen Euro auf die Barclays Bank nach England transferiert worden. Der Restbetrag sei laut Firmenangaben hingegen in Zypern geblieben. In der jetzt von "Ethnos" veröffentlichten Liste der 132 Transaktionen von Laiki Bank-Konten sind jedoch zwei Transaktionen der Firma "A. Loutsios and Sons" aufgeführt: Am 12. und 13. März.

Fest steht: Im Zuge der dubiosen Geldüberweisungen ins Ausland schmolz vor dem 16. März das Sparvermögen auf Zyperns Geldinstituten. Die Zeche haben nun diejenigen Sparer auf Zypern zu zahlen, die ihr Geld nicht rechtzeitig abgezogen haben: Mit einer höheren Zwangsabgabe.