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Zypries warnt vor katholischen Fundamentalisten

Von WZ Online

Europaarchiv
Piusbrüder bei einer Demonstration gegen Homosexualität.
© Piusbruderschaft Deutschland

Die deutsche Justizministerin Brigitte Zypries wirft der ultrakonservativen Priesterbruderschaft St. Pius X. (FSSPX) extremistische Tendenzen vor. Anlass der Äußerungen war die Vorstellung eines Buches zu "Strategien der extremen Rechten".


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"Im Umgang mit solch religiösen Extremisten muss das Gleiche gelten wie im Umgang mit Rechtsextremisten", forderte Zypries in Berlin. Äußerungen der Piusbrüder machten deutlich, dass Demokratie und Freiheit nicht nur von islamistischen Fundamentalisten bedroht seien.

Als "unerträglich" bezeichnete die Ministerin den Appell der Bruderschaft im Vorfeld des "Christopher Street Day" in Stuttgart. Die Piusbruderschaft hatte in einem Aufruf zu einer Mahnwache gegen die Homosexuellen-Parade wörtlich formuliert: "Wie stolz sind wir, wenn wir in einem Geschichtsbuch lesen, dass es im Dritten Reich mutige Katholiken gab, die sagten: 'Wir machen diesen Wahnsinn nicht mit!'. Ebenso muss es heute wieder mutige Katholiken geben."

Dieser Text sei eine "unerträgliche Beleidigung der Opfer des Nationalsozialismus", sagte Zypries. Sie rief die katholische Kirche auf, einen klaren Trennungsstrich zu ziehen. Die Kirche dürfe nicht dulden, "dass unter ihrem Dach oder auch nur in ihrem Halbschatten solche Fanatiker ihr Unwesen treiben können".

Die Piusbrüder wiesen die Kritik zurück. Der Hinweis auf das NS-Unrecht sei "vollkommen falsch verstanden" worden. Die Bruderschaft habe "weder der Absicht noch den Tatsachen nach den 'Christopher Street Day' mit dem NS-Unrechtsregime gleichgesetzt", betonte der Obere der deutschen Piusbrüder, Pater Franz Schmidberger. Allerdings sei nach christlicher Sittennorm das Anliegen des "Christopher Street Day" unmoralisch. Dies solle der Öffentlichkeit ins Bewusstsein gerufen werden, so Pater Schmidberger.

Hintergrund: Die Piusbruderschaft

Die FSSPX wurde 1970 vom französischen Erzbischof Marcel Lefebvre (1905-1991) gegründet worden, der unter anderem die Dokumente des Konzils zu Religionsfreiheit und interreligiösen Beziehungen sowie die im Gefolge des Konzils eingeführte Liturgiereform ablehnte. 1988 weihte Lefebvre ohne Erlaubnis des Vatikan vier Männer zu Bischöfen, was die automatische Exkommunikation aller Beteiligten nach sich zog. Die Exkommunikation der FSSPX-Bischöfe wurde im Jänner 2009 von Papst Benedikt XVI. aufgehoben, um eine eventuelle Rückkehr der Piusbrüder in die Kirche voranzutreiben. (APA)