Archiv: Gastkommentare
- Energiesicherheit und Arbeitsplätze
Moderne Energiepolitik in Europa sollte sich an drei Zielen orientieren: Erstens die Versorgung mit Energie langfristig sicherstellen. Zweitens Arbeitsplätze im Inland schaffen. Drittens die Verpflichtungen im Rahmen der Kyoto-Vereinbarungen zur Eindämmung von klimaschädlichen Gasen ernst nehmen. Glücklicherweise widersprechen sich diese Ziele nicht. Ganz im Gegenteil, Energiepolitik, Arbeitsmarktpolitik im Zeichen der Wirtschaftskrise und Vorsorge gegen die drohende Klimaveränderung lassen sich gut unter einen Hut bringen.
- Europa: Keine Angst vor morgen
Das Europajahr 2009 hat nicht schlecht begonnen. In keinem anderen Land der EU gab es einen derart massiven Meinungsumschwung zugunsten des gemeinsamen Europa wie in Österreich. Eine Meinungsumfrage im Auftrag der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik ergab Anfang Dezember, dass sich 78 Prozent der Befragten für einen Verbleib Österreichs in der EU aussprachen (im Juli 2008 waren es 59 Prozent). Gut zwei Drittel meinten, dass Österreich die Finanz- und Wirtschaftskrise nur mit Hilfe der EU bewältigen könne. 47 Prozent der befragten Österreicher äußerten in der letzten Ausgabe des Eurobarometer die Ansicht, dass uns die EU-Mitgliedschaft Vorteile bringe (ein Plus von 11 Prozent gegenüber dem Frühjahr 2008).
- Was lernen wir aus der Gaskrise?
Durch den "Gaskrieg" wurde der breiten Öffentlichkeit die starke Abhängigkeit von importierter Energie bewusst, ein Faktum, das weder neu noch überraschend ist. Würde nicht dank der Lage und Topologie unseres Landes der überwiegende Teil des Stroms aus Wasserkraft erzeugt, wäre die Abhängigkeit - nicht zuletzt auch durch den Verzicht auf Atomstrom - noch deutlich höher. Die Krise zeigte auch, dass wir nicht nur von Produktionsländern, sondern auch von Transitländern abhängig sind.
- Die EU und der Gaza-Konflikt
Wie schon so oft in der Vergangenheit hat sich die EU-Kommission im Gaza-Konflikt reichlich spät, aber mit Aktionismus, medialer Präsenz und umfassender Ankündigungspolitik in Konflikten als Vermittler und Problemlöser angeboten. Dies war im Libanon 2006 zu beobachten, dann in Georgien, zuletzt bei der Abschaltung der Gaszufuhr seitens Russlands; Friedensappelle der EU an die Konfliktparteien ignorierten diese.
- Errare humanum est
Während meiner Studienzeit an der Wiener Universität in den 1960er Jahren war Rudolf Welser ein metikulöser Assistent am Institut für Zivilrecht. Seine Ernsthaftigkeit ließ nicht ansatzweise vermuten, dass aus ihm in der Folge nicht nur ein wohlbestallter Ordinarius für Zivilrecht, sondern auch ein erfolgreicher Verfasser einer Reihe von satirischen Pamphleten über die Eigenheiten der juristischen Profession hervorgehen würde.
- Eine Lanze für die Abgeordneten brechen
Ein Vorschlag, die Sommerpause der Abgeordneten zu halbieren, hat in den ersten Tagen des neuen Jahres viel Staub aufgewirbelt und hat sicher viele engagierte Abgeordnete vor den Kopf gestoßen. Ich halte es daher für erforderlich, für alle 183 Abgeordneten eine Lanze zu brechen und mich vor die Mandatarinnen und Mandatare aller fünf Parlamentsparteien zu stellen.
- Gaza: Amoklauf mit Folgen
Wer den Palästina/Israel- Konflikt verstehen will, muss sich die Mühe machen und zumindest 60 Jahre in Rückschau übersehen. Hier können jedoch nur die mit Gaza direkt in Verbindung stehenden Zusammenhänge angesprochen werden. Eines ist festzuhalten: Weder die Hamas noch die Kassam-Raketen können als Erklärung dieses siebenten Krieges in der Region seit 1948 angeführt werden. Die Hauptursachen liegen erstens in der jahrzehntelangen Demütigung eines Volkes, zweitens in der Tatsache, dass der Friedensprozess von Oslo auch oder gerade in Zeiten, wo es weder Selbstmordattentate noch Kassam-Raketen gab, keinerlei Verbesserung der Situation in Palästina brachte.
- Österreichs Alltag beginnt
Die Feiertage sind vorbei, ein neuer Alltag baut sich auf. Der Fokus der Leute richtet sich wieder stärker auf die "Welt da draußen". Meinungsforscher berichten traditionell von erheblichen Stimmungsverschiebungen. Kurzum: Vor Weihnachten ist nicht nach Dreikönig.
- Israel als Jude unter den Staaten
Der ständige Raketenbeschuss Israels durch palästinensische Banden, der die gegenwärtige Offensive Israels provoziert hat, ist keine Reaktion auf die Teilblockade des Gaza-Streifens seit Anfang dieses Jahres. Er ist Ausdruck des permanenten Krieges gegen Israel, dem sich die Hamas verschrieben hat. Er begann bereits 2000. Seit dem Abzug der israelischen Armee aus dem Gaza-Streifen 2005 ist er sprunghaft angestiegen. Seit 2008 schlugen mehr als 1000 Kassam-Raketen und 1200 Mörsergranaten auf israelischem Territorium ein.
- Europawahlen 2009 Chance aus der Krise
Der weitgehend symbolische Aktionismus der heimischen Politik verstellt den Blick auf die tatsächlich wesentlichen Herausforderungen, die 2009 auf Österreich zukommen.
- Keine "Paketscherln" schnüren!
Das von den Regierungsparteien viel gepriesene Konjunkturpaket ist leider maximal ein "Paketscherl" unter dem Christbaum geworden, eine Placebo-Maßnahme mit sehr wenig Effizienz. In der momentanen schwierigen wirtschaftlichen Situation sind kreative Lösungen und nicht Alibi-Aktionen gefragt.
- Die List der Vernunft
Johannes Hahn und die Uni- und Forschungsfinanzen: Was anderen als handstreichartige Budgetkürzung oder Schlamperei erscheint, entpuppt sich als Hegels "List der Vernunft".
- Hurra, der Kapitalismus ist überwunden!
Die Jahreswende 2008/09 könnte als historische Zäsur in die Wirtschaftsgeschichte eingehen. Ein bekannter Wirtschaftsjournalist hat es auf den Punkt gebracht: "Die Zeit des Shareholder Value ist vorbei. Investoren und Managern muss klar sein, dass hohe Gewinne und Dividendenzahlungen keine Priorität mehr haben. Es geht darum, die Menschen im Beruf zu halten. Auch um den Preis, Geld zu verlieren." Nach der Krise wird nichts mehr so sein wie vorher, lautet die Frohbotschaft.
- Wo bleibt der Aufschrei?
Warum werden "Leistungsträger" um so viel höher entlohnt als der Durchschnittarbeitnehmer? Leisten sie denn das 20-, 30- oder gar 100-fache eines "Normal- verdieners"?
- Ist Europa krisenfest?
Die EU hat derzeit etliche Krisen zu bewältigen. Ist sie dazu auch fähig oder wird sie selbst Opfer dieser Krisen werden? Jüngste Beispiele weisen in eine positive Richtung. Die EU hat unter der überraschend starken französischen Präsidentschaft jetzt ein vorbildhaftes Klimapaket beschlossen. Nun muss eine global tätige EU dafür sorgen, dass dieses Paket andere Staaten und Regionen in Zugzwang bringt. Auch bei der Bewältigung der Krise im Kaukasus hat sich die EU als handlungsfähig erwiesen. Trotz interner Meinungsverschiedenheiten konnten der Krieg gestoppt und erste Ansätze einer Konfliktbeilegung geschaffen werden. Was wir für eine wirkliche Krisenbewältigung in dieser Region brauchen, ist - analog zur Union für das Mittelmeer - eine Union für das Schwarzmeer inklusive Russland und der Türkei.
- Worin alle Hoffnung liegt
Nehmen wir an, der Staat - der 47 Prozent aller Schulden des Landes gemacht hat und damit ein Hauptakteur in diesem großen Pyramidenspiel ist - kommt in die Verlegenheit, jene mitt-lerweile 52 Prozent der Wahlberechtigten, die finanziell zur Gänze von ihm abhängig sind, nicht mehr ausreichend alimentieren zu können. Das wäre in der Tat prekär. Ähnlich prekär wäre es, wenn die 250.000 Klein- und Mittelbetriebe - in ihrer Gesamtheit die maßgeblichen Arbeitgeber und Steuerzahler des Landes - aufgrund besagten Pyramidenspiels - an das keiner mehr glauben will - einen Großteil ihrer Mitarbeiter entlassen müssten.
- Der große Irrtum im Asylrecht
Auch unter Geltung der Genfer Flüchtlingskonvention ist im Asylrecht vieles machbar, wenn der politische Wille da ist. Die Konvention wird zwar sehr oft zitiert, aber nur selten gelesen.
- Keine Korruption bei Antidepressiva-Tests
Die Wirkung der Antidepressiva wird in den Medien unterschiedlich dargestellt. Zum einen sollen sie wie Placebos sein (siehe den "profil"-Beitrag "Pharmamorgana" im März), zum anderen werden Placebo-kontrollierte Studien als ethisch bedenklich dargestellt, wie etwa in einem neuen Buch von Hans Weiss ("Korrupte Medizin"); Forscher, die Placebo-kontrollierte Studien durchführen, werden sogar reißerisch als "korrupt" bezeichnet.
- Frau Nein muss ihr Zögern überwinden
Paul Krugman, Nobelpreisträger im Fach Ökonomie, widmete seinen jüngsten Kommentar im "Herald Tribune" Frau Nein: Gemeint ist die deutsche Kanzlerin Angelika Merkel und ihr Zögern, sich an energischen, EU-weit koordinierten Maßnahmen gegen die mit Riesenschritten heranziehende Wirtschaftskrise zu beteiligen. Das wird Frau Merkel nicht ewig durchhalten - aber vielleicht zu lange. Die Zeit drängt.
- Schenken als Griff in fremde Taschen
Die Absetzbarkeit von Spenden ist eine feine Sache: Es geht um einen guten Zweck und kostet anscheinend nichts. De facto aber werden künftig Spender das Steueraufkommen mindern und damit die Staatsschulden samt Zinsenlast erhöhen oder Steuererhöhungen beziehungsweise Ausgabenkürzungen erzwingen. Die populistische Absetzerei ist also ein Griff in fremde Taschen - so wie sich ja einst schon eine Regierung Sympathien erkaufte, indem sie bestimmte Mitgliedsbeiträge absetzbar machte. Schön proporzmäßig, hier Gewerkschaft, da Kirche.
- "Sorgfaltspflicht" für den Geldsektor verschärfen!
In den Gesetzen vieler Länder findet sich die Rechtsfigur "Mit der Sorgfalt des ordentlichen Kaufmanns" und - genauer - "Mit der Sorgfalt des guten Hausvaters" oder "Familienvaters" (diligentissimus pater familias), um demonstrativ zu fassen, was über die taxativen Gebote und Verbote hinaus jene Anforderung an das Rechtssubjekt zeigt, deren Missachtung zu bestrafen ist. Die "Sorgfalt des guten Hausvaters" hilft bei systemkritischer Suche nach Beurteilung der Weltverhältnisse und ihrer Verwerfungen: "Wie hätte ein guter Hausvater, dessen Familie alle Völker und alle Menschen bilden, diese Aufgabe gelöst?"
- Die Teutonisierung des österreichischen Deutsch
Nicht zuletzt durch das Fernsehen wird Österreich mit dem binnendeutschen Wortschatz überschwemmt. Dabei ist der heimische Paradeiser nicht weniger deutsch als die Tomate.
- Prammers höhere Polit-Mathematik
"Wer glaubt, dass man an der Demokratie sparen muss, ist am Irrweg." So rechtfertigte Nationalratspräsidentin Prammer den einhelligen Beschluss des Nationalrats, die Klubförderung um 15 Prozent auf 17,8 Millionen Euro zu erhöhen - aus dem Steuertopf. Daran irritiert: Prammer engt in diesem Fall "Demokratie" auf "Parteien" ein; sie hält den Aufputz um 2,3 Millionen Euro für den "richtigen Weg"; SPÖ und ÖVP bekommen für ihre Wahlniederlagen sogar mehr Klubgeld. Offenkundig wollen unsere Volksvertreter nicht kapieren, dass diese Selbstbedienung mitten in einer Wirtschaftskrise die grassierende Politik(er)verdrossenheit anheizt. Doch wer kann solchen Unfug verhindert?
- Das universitäre Sommerloch
Wissenschaftsminister Johannes Hahn will sich trotz Wirtschaftskrise für Steigerungen beim Hochschulbudget einsetzen. Angesichts der hochschulpolitischen Ignoranz des Regierungsprogramms ist das immerhin eine noble Geste. Stutzig macht freilich die Begründung: Die Universitäten müssten ohnehin den Wegfall der Studiengebühren verkraften. Moment mal - gibt es nicht schon seit Monaten einen Konsens, dass der Staat den Wegfall der Studiengebühren kompensieren wird?
- Teufelskreis für Universitäten
Minister Johannes Hahn verordnet den Universitäten künftig lediglich einen "moderaten Zuwachs" beim Budget. Dies ist erstaunlich, hat doch das Wissenschaftsministerium 2006 eine Studie mit dem Titel "Einstellungen der Österreicher zum Wissenschaftsstandort im wirtschaftlichen Kontext" veröffentlicht. Darin heißt es: "Alles in allem ist das Image der österreichischen Forscher nach 26 abgefragten Kriterien durchaus und meist mehrheitlich positiv. Auf der weniger positiven Seite finden sich nur einige wenige Punkte, die von auffallend vielen so gesehen werden, nämlich, dass der Großteil der österreichischen Wissenschafter abhängig und - entgegen der Bevölkerungsstruktur - hauptsächlich männlich sei, dass die österreichischen Forscher, wenn sie gut wären, ins Ausland gehen würden und im Allgemeinen zu wenig Forschungsmittel hätten."