Archiv: Leitartikel
- Kärntner Entgegenkommen
Das Beispiel Kärnten hat es aufs Tapet gebracht: die Verschuldung von Bundesländern und Gemeinden. Nun wird in der EU ohnehin alles zusammengezählt, für ein allfälliges Defizitverfahren spielen sie keine Rolle - weil eh berücksichtigt.
- Showdown bei der Hypo
In Österreich ist die Hypo Alpe Adria keine "systemrelevante" Bank, am Balkan sehr wohl. Dort hat deren Leasinggesellschaft Marktanteile um 35 Prozent, und ein Zusammenbruch würde von Slowenien südwärts eine veritable Banken- und Immobilienkrise auslösen.
- Das einfache Leben
Der Papst hat zu Beginn der Klimaschutzkonferenz in Kopenhagen die Menschen zu einem einfachen Leben aufgefordert. Im Pazifik treibt derweil ein Strudel aus Plastikabfällen, ungefähr viermal so groß wie Deutschland. Ist die Erde also mit Appellen noch zu retten?
- Vollkommen daneben
In weiten Teilen der Finanzwirtschaft herrscht immer noch eine "Haltet-den-Dieb-Mentalität". Nun wollen die Bayern die Republik Österreich recht dreist zwingen, die Hypo Alpe Adria zu verstaatlichen: Wir machen sonst eine Bankenkrise am Balkan, so der bayerische Finanzminister sinngemäß.
- Im Audimax probt die Welt
Den studentischen Audimax-Besetzern geht es um Gerechtigkeit. Nun erleben sie, wie biestig diese Gerechtigkeit sein kann. Die Obdachlosen, die sich bei ihnen eingefunden haben, sind Ausländer, vor allem aus Osteuropa. Sie fallen durch die Maschen des Sozialnetzes, weil das Gesetz (und die EU selbst) "Sozialtourismus" innerhalb der Union vermeiden möchte.
- Werner Faymann ist so
Man muss nicht jeden Tag eine mediale Sau durchs Dorf treiben, sagte Wiens Bürgermeister Michael Häupl zur Rede Werner Faymanns, und das ist gut auf den Punkt gebracht. Im Gegensatz zu Josef Pröll, der bei seiner Rede mit dem Transferkonto für gewaltige Aufregung gesorgt hat, hielt Faymann den Ball flach. Nun, Werner Faymann ist so, da können sich noch so viele in seiner eigenen Partei einen "Austro-Obama" wünschen. Er hat mit seinem Fünf-Punkte-Programm klassische sozialdemokratische Themen solide ausformuliert.
- Zwei-Klassen-Polizei
Bei einer Diskussion in der Industriellenvereinigung über sozialen Frieden sagte der Bauindustrielle Hans-Peter Haselsteiner: "Ich will nicht leben wie in Rom, wo die Reichen hinter Mauern und Stacheldraht in Luxus-Ghettos leben." Sein Credo: Je gerechter eine Gesellschaft, desto größer ist auch die Sicherheit, die sie bietet.
- Der große Bluff
Wer glaubt, dass beim kommenden Klimaschutzgipfel in Kopenhagen die Welt gerettet wird, muss sich eines Besseren belehren lassen. Es wird dort nur vordergründig um die Reduzierung von Schadstoffen gehen, in Wahrheit geht es um beinharte wirtschaftliche Interessen.
- Wählen statt abstimmen
So schnell können sich Einschätzungen ändern. Beim Gerangel um die Listenplätze der Parteien für Nationalratswahlen wird immer wieder beklagt, dass der freie Abgeordnete nichts zählt. Als Vorbild für eine personenbezogene Wahl wird dann immer die Bundespräsidentenwahl genannt. Kandidaten sollten doch im Vordergrund stehen, nicht die Parteien und ihr parlamentarischer Klubzwang.
- Voll-Beschäftigung
Die Parlamentsparteien streiten derzeit im Sandkasten über Zwei-Drittel-Mehrheiten, Ministerladungen vor U-Ausschüssen, etc. Ein Unsinn, der sofort beendet werden sollte. Die gewählten Volksvertreter könnten sich eine Materie vornehmen, um die es sich zu streiten lohnt: Wie es mit der Arbeit weitergeht.
- EU sucht keinen Superstar
Die Bestellung der neuen EU-Kommission und der Spitzen-Jobs zeigte, dass Europa alles sucht, nur keinen Superstar. Die "Realverfassung", also die Dominanz von Deutschland und Frankreich (plus derzeit Großbritannien), bleibt erhalten, Lissabon-Vertrag hin oder her. Wie es ausschaut, werden sich die großen Länder nun die starken Ressorts (Dossiers genannt) krallen. Deren Kommissare waren bisher eher den kleineren Ländern vorbehalten.
- Hypo-Mühlstein fürs BZÖ
Frechheit siegt, mag sich der Kärntner BZÖ-Obmann Uwe Scheuch gedacht haben, als er erklärte, nun sei der Bund gefordert bei der Hypo Alpe Adria. Nun, sie siegt nicht immer. Unter den Augen des Landes Kärnten, das die Aufsicht über die Landeshypo hat, vollzog sich das Desaster der Bank. Die Verantwortung soll dort bleiben, wo sie liegt, und dieser Ort ist Klagenfurt, nicht Wien. Die drohenden Arbeitsplatzverluste gehören nicht dem Finanzminister, sondern einem chaotischen Management, seltsamen Immobilien-Geschäften am Balkan und einer Landesregierung, die diese Bank als Selbstbedienungsladen betrachtete.
- Gender-Check
Ups - im Tarnen-und-Täuschen-Spiel um die Spitzenjobs in der EU (inklusive Kommission) wurde leider auf jemanden vergessen: Die Frauen. Bloß drei von 27 der künftigen EU-Kommissare sind Frauen. Der Kommissionspräsident ist bereits fix ein Mann (Barroso), der EU-Vorsitzende wird ein Mann, der EU-Außenminister wohl auch.
- Nie sagen, was man will...
"Österreich ist ein Labyrinth, in dem sich jeder auskennt", definierte Helmut Qualtinger, und für Wien gilt das im Besonderen. Während also Europa rätselt, warum ein Bundeskanzler seinen - derselben Partei angehörenden - Vorgänger am Weg zu einem Top-Job nicht stärker unterstützt, weiß der Irrgarten-erprobte Österreicher: Er unterstützt ihn ja. So wird in Österreich Unterstützung betrieben. Nur wer seinen Kandidaten schlecht macht, bringt ihn durch. Wer offen FÜR jemanden eintritt, nimmt dessen Scheitern in Kauf - befördert es sogar .. .
- Baustelle Asylgesetz
Die Abschiebung von Arigona muss auf 140 Seiten erklärt werden, obwohl der - vor Wahlen stehende - Kosovo zwar arm, aber sicher kein lebensgefährliches Gebiet mehr ist. Alleine das zeigt, dass es beim Asylrecht ein Problem geben muss. Dass dieses Gesetz allein seit 2006 dreimal novelliert wurde, untermauert die These.
- Die Superpraktikanten
Die politischen Parteien entdecken die "social communities" wie Facebook, Twitter oder Youtube. Die Onlinesuche in diesen Foren von ÖVP-Chef Josef Pröll nach dem Superpraktikanten darf als Test verstanden werden. Die Gewinnerin/der Gewinner darf Pröll eine Woche lang - gegen freie Kost und Logis - begleiten, unter anderem zum Jägerball.
- Das Kreuz mit dem Defizit
Das Bankenhilfspaket soll übers Jahresende hinaus verlängert werden - eine gute Entscheidung des Finanzministers. Die eben veröffentlichten Zahlen der Volksbank und vor allem der Hypo Alpe Adria zeigen, dass auch im kommenden Jahr staatliches Kapital notwendig sein könnte.
- Freie Sicht aufs Mittelmeer
Den "Audimaxisten" wird vorgeworfen, dass sie recht nebulose Forderungen haben. Rektor Badelt zählte zuletzt auf, wie viele staatliche und universitäre Gremien für deren bunten Strauß an Forderungen zu befassen seien.
- Das Leben der Anderen
"Und so jemand wie Sie hat einmal ein Land geleitet", sagte der Protagonist des Films "Das Leben der Anderen" nach der Wende zum fiktiven DDR-Kulturminister. Der Oscar-gekrönte Kinostreifen beschäftigt sich mit den Stasi-Umtrieben in den letzten Jahren der DDR - in diesem Fall gegen Künstler und Kunstschaffende.
- Europa muss wachsen
Serbien wird also bis Jahresende der EU ein offizielles Beitrittsgesuch übermitteln. Das ist eine gute Sache, weil es den Druck auf die Europäische Union erhöht. Die Erweiterungs-Phantasie erschöpft sich derzeit in Kroatien und Island, wobei die Insel eher eine Notaufnahme ist.
- Der Atlantik als Graben
GM will Opel also nicht verkaufen. Neben den wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Entscheidung gibt es aber auch immens politische: GM ist - das darf nicht vergessen werden - ein staatliches Unternehmen. Die amerikanische Regierung sitzt auf mehr als 60 Prozent der Anteile des krisengeschüttelten Autobauers.
- Mehr als ein Vertrag
Der tschechische Präsident hat getan, was er versprochen hat, und den Lissabon-Vertrag unterzeichnet. Die britischen Konservativen haben - wohl auch nicht ohne Erleichterung - ihre angekündigte Revolte gegen diesen Vertrag abgeblasen.
- Mitten in der Republik
Liebe Leserinnen, liebe Leser! | Zeitungen sind widersprüchliche Wesen. Auf der einen Seite leben sie von Veränderung, auf der anderen von Gewohnheit. Leserinnen und Leser wollen wissen, woran sie bei einer Zeitung sind - und haben ein Anrecht darauf. In "seine" Zeitung marschiert man hinein wie in die eigene Wohnung. Daher werden in Wohnungen Küche und Schlafzimmer so selten umgestellt - jeder will sich auskennen, wo was zu finden ist.