In den 70er Jahren hat das Dreigestirn Georg Danzer, Wolfgang Ambros und Rainhard Fendrich die österreichische Musikszene geprägt. Es war die erste Dialektwelle, wie man sie rückblickend nennen kann, wobei Marianne Mendt mit ihrer "Glocken" den Trend vorgegeben hat. Dieser Dialektwelle ist auch Willi Resetarits zuzuordnen, der Coverversionen US-amerikanischer Songs großartig interpretierte: mit Texten von Günter Brödl, der auch die von Resetarits dargestellte Kunstfigur "Ostbahn-Kurti" erfand.

Robert Sedlaczek ist Autor zahlreicher Bücher über die Sprache, jüngst ist bei Haymon "Sprachwitze. Die Formen. Die Techniken. Die jüdischen Wurzeln. Mit mehr als 500 Beispielen" erschienen.
Robert Sedlaczek ist Autor zahlreicher Bücher über die Sprache, jüngst ist bei Haymon "Sprachwitze. Die Formen. Die Techniken. Die jüdischen Wurzeln. Mit mehr als 500 Beispielen" erschienen.

Nun sind wir mitten in der zweiten Dialektwelle: Seiler & Speer, Voodo Jürgens, gerade mit einem Amadeus ausgezeichnet und ebenfalls eine Kunstfigur, außerdem Ernst Molden und einige andere.

In den Fernsehbeiträgen aus Anlass des Todestages von Willi Resetarits war Molden einige Male mit einer Würdigung zu hören - ihre gemeinsamen Auftritte und CDs werden eines Tages Kultstatus haben. Die Zusammenarbeit begann damit, dass Resetarits den um 20 Jahre Jüngeren bat, für ihn ein Lied zu schreiben: "Hammerschmidgossn".

Manche Lieder Ernst Moldens zeichnen sich durch eine literarische Überhöhung des Wienerischen aus, wodurch sie eine faszinierende Ästhetik erhalten, mit der man in einem Mundarttext nicht rechnen würde. Der Gegensatz zwischen dem, was erwartet wird, und dem, was zu hören ist, erweist sich nicht nur in H. C. Artmanns Liebesgedichten, sondern auch in Moldens Texten als ein interessantes Spannungsfeld: "da guguruz schded schwoazz und hoch vua da schbedn sun / i muass fuat und waas no ned waun i wiedakumm ...". Das Lied "ho rugg" enthält auch den mit Augenzwinkern vorgetragenen Hinweis auf sein Selbstverständnis: "baby i bin a dichta / des is ollas wos i moch / schreib ma med dein bluad an briaf / i schreib da sicha zrugg / ho rugg." Die künstlerische Karriere des Liedermachers begann mit der Schriftstellerei.

Ernst Molden liebt es, mit der Sprache zu spielen - "awarakadawara / wo san meine Hawara / wo san meine Freind / waun de Sunn ned scheind" - er scheut sich auch nicht, hin und wieder einen englischen Ausdruck in die Texte hineinzuweben - "zwa, drei Kilometer straight" oder "dschiesas kumm hüf ma / i schofs ned allaa", letzteres zu finden auf "Oame Söö", seiner hervorragenden Gemeinschaftsproduktion mit Ursula Strauss als Sängerin und mit großartigen Musikern - Moldens Texte sind trotz der amerikanischen Einsprengseln stimmig, passen zu seinen musikalischen Wurzeln: Folk, Bluegrass, Rhythm-and-Blues etc. Er singt auch gern Lieder seiner Lieblinge, übertragen ins Wienerische, zum Beispiel Lead Belly’s "Goodnight, Irene".

Ernst Molden ist eine Lichtgestalt in der Wiener Dialekt-Szene. Er stammt aus einer großbürgerlichen Familie, seine Mutter Hanna Molden war eine bekannte Journalistin, sein Vater der Verleger Fritz Molden. Es erweist sich als ein Glücksfall, dass Ernst Molden den Dialekt von einer Großmutter geschenkt bekam - nein, es war nicht Paula von Preradovic, Textdichterin der Bundeshymne, sondern die andere Großmutter.