Das Vertrauen der US-Bürger in ihre Armee ist unerschütterlich: 78 Prozent der Amerikaner meinen, die Armee trägt "eine Menge" zum Wohle der Gesellschaft bei. 72 Prozent glauben, dass Lehrer besonders viel zum Nutzen der Gesellschaft beitragen, 66 Prozent glauben das von Ärzten, 65 Prozent von Wissenschaftlern und 63 Prozent von Ingenieuren. Die Zahlen wurden vom Pew Research Center im Frühjahr 2013 erhoben, sind also einigermaßen aktuell. Haben die Europäer ähnlich hohes Vertrauen in ihre Armeen? Wohl eher nicht.
Europäer vertrauen dem Staat, wo dem Staat zu trauen ist: Dass er für Wohlfahrt und soziale Gerechtigkeit sorgt, für Bildung und Infrastruktur, für Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit und dafür, dass die Interessen des Bürgers auch gegen mächtige Lobbys durchsetzt werden können. Aber sie misstrauen ihren Armeen und dem Staatssicherheitsapparat. Die EU-Bürger in (Ost-)Deutschland, Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Rumänen, Bulgarien, in den baltischen Republiken und in Slowenien und Kroatien haben auch allen Grund dazu: Im Osten Deutschlands erinnert man sich mit Schrecken an die Stasi, in Bulgarien an das gefürchtete Komitee für Staatssicherheit Darschawna Sigurnost oder in Rumänien an die Securitate.
Kaum irgendwo wurde dieser Schrecken so berührend dargestellt wie im Film "Das Leben der Anderen" von Florian Henckel von Donnersmarck, in dem im Ost-Berlin des Jahres 1984 ein Stasi-Hauptmann damit beauftragt wird, gegen einen Theaterschriftsteller und dessen Lebensgefährtin belastendes Material zu sammeln. Die Geschichte endet natürlich tragisch.
In Österreich und Deutschland kommt noch die Erinnerung an das Gestapo-Spitzel- und Blockwart-System in der Zeit der Nazi-Diktatur hinzu. Diese historischen Erfahrungen in weiten Teilen Europas und die daraus bis heute nachwirkenden Ängste in den betroffenen Ländern werden jenseits des Atlantik übersehen, genauso wie die Tatsache, dass Griechenland, Spanien und Portugal bis Mitte der Siebziger-Jahre Diktaturen waren - das Misstrauen gegenüber dem Staatssicherheitsapparat ist bis heute dementsprechend groß.
Trauma des 11. September
Die Europäer, hört man von US-amerikanischen Gesprächspartnern, verstünden das Trauma des 11. September nicht. Dabei wurden Großbritannien und Spanien selbst zum Ziel von terroristischen Anschlägen: Am 11.11.2004 starben bei koordinierten Anschlägen auf Pendlerzüge in Madrid 191 Menschen, am 7. Juli 2005 wurden 56 Menschen (inklusive der vier Attentäter) getötet. Und schließlich starben am 11. September 2001 bei den Anschlägen auf Washington D.C. und New York City auch 129 Europäer.