Doch rechtfertigt das Trauma des 11. September den Aufbau eines gigantischen, globalen Abhörnetzwerks durch die NSA? Den Betrieb eines Gefangenenlagers in Guantánamo auf Kuba, wo Menschen bis heute ohne ziviles Verfahren festgehalten werden? Die Schaffung eines Ministeriums mit dem Orwellschen Namen "Ministerium für Heimatschutz" mit über 230.000 Beamten? Und last, but not least, den vom UN_Sicherheitsrat nie autorisierten Einmarsch im Irak mit all seinen Folgen? Wohl eher nicht.

Der "Krieg gegen den Terror" und die Ereignisse des 11. September waren für den militärisch-industriellen Komplex und den Staatssicherheitsapparat ein willkommener Anlass, die Verteidigungsausgaben der Vereinigten Staaten in stratosphärische Höhen zu treiben. Denn nach einem Schrumpfen der Mittel ab dem Ende des Kalten Kriegs 1989 gingen die Rüstungsausgaben ab 2001 wieder steil nach oben. 2011 haben sie mit über einer Billion Dollar ein (inflationsbereinigtes) historisches Höchstmaß erreicht, pro Kopf gerechnet waren die US-Rüstungsausgaben das letzte Mal in der Geschichte im Jahr 1968 so hoch - in einem Jahr, in dem der Vietnam-Krieg auf seinem Höhepunkt stand und die Sowjetunion in der Tschechoslowakei einmarschiert war.

Amerikas Terror-Paranoia ist längst nicht mehr zu verstehen: 2012 gab es genau 11 US-Terror-Opfer, bei einem Anschlag in Libyen starb ein US-Botschafter und drei weitere US-Bürger, bei einem Anschlag eines weißen Rassisten auf einen Sikh-Tempel in Wisconsin kamen sechs US-Bürger und der Täter ums Leben, der nach seiner Tat Selbstmord verübte. Am 15. April 2013 starben drei Menschen bei dem hinterhältigen Bombenanschlag auf den Marathon in Boston.

Gleichzeitig kommen Jahr für Jahr rund 30.000 Amerikaner durch Schusswaffen ums Leben. Das sind mehr US-Bürger, als bis heute seit den ersten Anschlägen auf das World Trade Center im Jahr 1993 bei Terroranschlägen und im Krieg gegen den Terror zum Opfer gefallen sind. Doch bis heute gibt es keine Background-Checks für Waffenkäufer oder strengere Waffengesetze. Stünde tatsächlich die Sicherheit der US-Bürger im Vordergrund, dann wüsste man in Washington, wo die Prioritäten liegen.