Der Künstler und Fahrrad Aktivist Stefan Draschan in Aktion. - © Stefan Draschan
Der Künstler und Fahrrad Aktivist Stefan Draschan in Aktion. - © Stefan Draschan

Der Künstler und Fahrrad Aktivist Stefan Draschan (35) fotografiert sich und sein Fahrrad an den seltsamsten Orten: In der Ostsee, auf einem Flugzeug, auf dem Dach eines Panzers. Vor allem aber auf Autowracks in Berlin und Wien. Dabei sind die Schnappschüsse mehr als bloß Gag und Narretei: Draschan will ein politisches Zeichen setzen. In seinem Foto-Blog übt er Vergeltung an der Allmacht des Automobils. Gleich hier die Frage an die Leserinnen und Leser: Lässt sich mit Aktionen wie diesen unsere Gesellschaft bzw. das Mobilitätsverhalten verändern?

"Wiener Zeitung": Warum posieren Sie mit Ihrem Fahrrad auf Autowracks?

Ich möchte das Radfahren promoten. Ich habe mir immer überlegt, wie man mehr für diese Form der Mobilität tun kann. Für mich ist das einer der Wege, Autos zu besiegen: Indem ich Orte befahre, wo Autos schwer hinkommen. Mein Leitmotiv – die Autowracks –  sind für mich ein Symbol dafür, wie diese Zivilisation in ihrer hypertechnisierten Form regelrecht verrottet.

Fotostrecke 8 Bilder


Was haben Sie gegen Autos?

Ich bin selbst in Wien zwei mal am Radweg in der Argentinier Straße von Autos angefahren worden.  Damals ist mir die Ignoranz von Autofahrern zum ersten Mal bewusst geworden, die in ihren Wohnzimmern aus Blech sitzen und oft wenig auf das Rücksicht nehmen, was draußen vor sich geht. Es ist ein Wahnsinn, wie unfair unser Verkehrsalltag ist, weil er alle anderen Verkehrsteilnehmer gegenüber dem Automobil benachteiligt. 80 Prozent des öffentlichen Raums sind für das Auto reserviert. Mir geht es inzwischen so, dass ich den Gestank und den Lärm nicht mehr aushalte. Hätte ich Kinder, würde ich auch nicht wollen, dass sie ständig der Gefahr durch den motorisierten Individualverkehr ausgesetzt sind. Ich wünsche mir, dass die Städte in den nächsten 20 Jahren lebenswerter werden.

Wie sind Sie auf die Idee mit der Fotoserie gekommen?

Alles hat vor zwei Jahren mit einer Fahrrad-Tour von Wien auf den Exelsberg begonnen. Ich habe damals häufig Radtouren aus der Verkehrshölle Wien in die Hügel der Umgebung unternommen. Damals ist es in mich eingedrungen: Ich musste einfach auf das Dach rauf und bin spontan auf ein Autowrack geklettert. Seither hat dieser Geist von mir Besitz ergriffen und lässt mich nicht mehr los.

Manche Ihrer Foto-Standorte sind gar nicht leicht zu erreichen: Haben Sie Helfer?

Manchmal bin ich mit Freunden unterwegs, manchmal allein. Dann drücke ich die Kamera einem Passanten in die Hand. Ich habe nie Hilfsmittel, etwa eine Leiter, dabei. Sehe ich ein interessantes Objekt, folge ich einem inneren Zwang: Mein Fahrrad und ich müssen dort rauf. Teilweise ist das schon sehr schwierig. Auf ein Flugzeug zu klettern, ist ein echtes Kunststück. Und manche der Räder haben mehr als zehn Kilo. Manchmal muss ich auch stundenlang warten bis die Location frei ist. Etwa weil sich eine Band Hells Angels rund um ein Autowrack versammelt hat.

Sind Sie bei einem Foto-Shooting schon einmal in Schwierigkeiten geraten? Wo hinunter gefallen zum Beispiel?

Nein, bisher ist alles gut gegangen. Ich kalkuliere das Risiko sehr genau. Ich bin ja kein Selbstmörder. Aber ein bisschen Leiden und Mühe gehört dazu, wenn man etwas bewegen will. Am ersten Jänner dieses Jahres bin ich in die Ostsee gefahren. Das Wasser war wirklich kalt.

Wie reagieren die Leute?

Durchwegs positiv. Sowohl in Wien, als auch in Berlin. Erst einmal hat mich jemand zurecht gewiesen: Ein Taxi-Fahrer hat gesagt: Geh mal runter hier. Die Touristen finden es immer gut. Die bitten mich dann, stehen zu bleiben, damit sie Fotos machen können.

Wie viele Fotos gibt es aus dieser Serie?

Auf meinem Blog sind 60 Fotos in 64 Einträgen zu sehen. Die Qualität ist dabei sehr unterschiedlich. Es gibt Schnappschüsse mit billigen Kameras und andere – professionellere – Aufnahmen. Manchmal ist das Wetter schlecht und die Lichtstimmung düster. Manchmal verwackelt der Fotograf das Bild. Ich arbeite gerade an einer Verbesserung der Qualität der Fotos. Bisher war mir das nicht so wichtig. Ich hoffe, dass die Symbolik die entsprechende Tragkraft hat.