Jüdische Gräber werden für die Ewigkeit angelegt – und die kleine jüdische Nachkriegsgemeinde konnte die tausenden und abertausenden Gräber, die teils sogar bis ins Mittelalter zurückdatieren, nicht pflegen. Nun ist man langsam dabei, die Friedhofsanlagen mit Unterstützung der öffentlichen Hand instandzusetzen.

In einem besonders schlechten Zustand befindet sich der 1784 eröffnete Währinger Friedhof, der rund 100 Jahre lang mit neuen Gräbern belegt – und schließlich vom Zentralfriedhof abgelöst wurde. Das besondere an diesem Friedhof: schon hier liegen sowohl Aschkenasen als auch Sefarden bestattet. Kamen die sefardischen Zuwanderer damals vor allem aus der heutigen Türkei, stammen jene, die heute in Wien den sefardischen Ritus pflegen, aus Zentralasien und Georgien.

Dass man auch ohne Geld helfen kann, zeigen die Grünen seit 2009 vor: Immer wieder rufen sie gemeinsam mit dem Verein "JEA – Jüdisches Erbe Austria" zu Freiwilligentagen auf. Hunderte, meist nicht jüdische Menschen, versammeln sich dann auf dem ansonsten seit 1999 öffentlich nicht zugänglichen Areal, um die Natur in ihre Schranken zu weisen: Mit Gartenschere, Säge, Sichel, Rechen, Besen geht es an diesen Tagen dem Wildwuchs an den Kragen. Auf Grund des baufälligen Zustands erfolgt das Betreten des Friedhofs auf eigene Gefahr.

Allerheiligen ist ein christliches Fest, an dem man der Toten gedenkt und ihre Gräber besucht. Für diesen Donnerstag, den 1. November, haben die Grünen allerdings aufgerufen, auch jüdische Grabstätten aufzusuchen – jene eben, um die sich viele, viele Jahrzehnte niemand gekümmert hat. Eine der bei den Wahlen der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Wien am 11. November antretenden neuen Fraktionen, die Initiative Respekt, trägt dieses Mal den Aufruf mit – und  will dabei vor allem auch Juden animieren, sich der Friedhofspflege zu widmen: "Lassen Sie uns alle gemeinsam, Sefardim und Aschkenasim aller Generationen, den Friedhof von Wildwuchs befreien." Subtext: hier gibt es die Möglichkeit, den Begriff der Einheitsgemeinde mit Leben zu erfüllen.

Ob jüdisch oder nicht jüdisch – jede helfende Hand ist gerne gesehen. Was benötigt wird: wetter- und reißfeste Kleidung, feste Schuhe, Arbeitshandschue, Werkzeug wie Gartenscheren, Astscheren, Sicheln, Sägen, Rechen, Besen, Heugabeln, Motorsensen und Motorsägen sowie Mistsäcke. Männer müssen, wie in jeder Synagoge und auf jedem jüdischen Friedhof, aus religiösen Gründen eine Kopfbedeckung tragen.

Für jene, die auch anpacken wollen: 1. November, 10.00 Uhr bis 16.00 Uhr, Jüdischer Währinger Friedhof, Schrottenbachgasse 3.